Der oder die Yamuna (Hindi und Sanskrit: यमुना Yamunā [ˈjʌmʊnaː]), auch Jamuna (जमुना Jamunā [ˈdʒʌmʊnaː]) oder Jumna, ist der wichtigste Nebenfluss des Ganges in Indien. Er hat eine Gesamtlänge von 1376 km und fließt auf ganzer Länge südwestlich parallel zum oberen Ganges. Der Name Yamuna geht auf das Sanskrit-Wort „Zwilling“ zurück, was auf den Verlauf parallel zum Ganges Bezug nimmt. Der Name taucht an vielen Stellen im Rigveda aus der vedischen Zeit (ca. 1700–1100 v.Chr) auf. In der indischen Mythologie wird der Fluss, wie auch der Ganges, durch eine Göttin repräsentiert.

Yamuna
Yamuna vor dem Zusammenfluss mit dem Ganges in Prayagraj (ehemals Allahabad)

Yamuna vor dem Zusammenfluss mit dem Ganges in Prayagraj (ehemals Allahabad)

Daten
Lage Uttarakhand, Himachal Pradesh, Haryana, Uttar Pradesh, Unionsterritorium Delhi (Indien)
Flusssystem Ganges
Abfluss über Ganges → Padma → Untere Meghna → Indischer Ozean
Quelle beim Yamunotri-Schrein im Himalaya
31° 0′ 17″ N, 78° 27′ 42″ O
Quellhöhe 6320 m
Mündung (Triveni Sangam) bei Prayagraj in den GangesKoordinaten: 25° 25′ 25″ N, 81° 52′ 57″ O
25° 25′ 25″ N, 81° 52′ 57″ O
Mündungshöhe 74 m
Höhenunterschied 6246 m
Sohlgefälle 4,5 ‰
Länge 1376 km[1]
Einzugsgebiet 366.223 km²[1]
Abfluss[2] MQ
2930 m³/s
Linke Nebenflüsse Aglar
Rechte Nebenflüsse Tons, Giri, Utangan, Chambal, Sindh, Betwa, Ken
Durchflossene Stauseen Dakpathar-Staustufe
Großstädte Delhi, Mathura, Agra, Prayagraj
Kleinstädte Paonta Sahib
Ab Chambal-Mündung Hauptstrang des Ganges-Systems
Verlauf der Yamuna

Verlauf der Yamuna

Obere Yamuna mit restlicher geringer Wasserführung, Terrasse des Taj Mahal

Obere Yamuna mit restlicher geringer Wasserführung, Terrasse des Taj Mahal

Tempel der Göttin Yamuna bei Yamunotri nahe der Quelle

Tempel der Göttin Yamuna bei Yamunotri nahe der Quelle

Das Taj Mahal an der Yamuna

Das Taj Mahal an der Yamuna

Der Yamuna entspringt beim Yamunotri-Schrein im Himalaya in Uttarakhand und fließt weiter durch die indischen Bundesstaaten Haryana und Uttar Pradesh und das Unionsterritorium Delhi. Unter anderem befinden sich die Städte Delhi, Mathura und Agra entlang des Flusses. In Prayagraj (ehemals Allahabad) mündet der Fluss nach ca. 1376 km in den Ganges. Dort ist der Yamuna nicht nur länger als der Ganges mit Bhagirathi (920 km + 205 km), sondern mit einem Durchfluss von 2930 m³/s gegenüber 1890 m³/s des Ganges auch der deutlich größere Fluss.

Nebenflüsse

Bearbeiten

Die wichtigsten Nebenflüsse des Yamuna sind am Oberlauf die Tons und, etwa auf halber Fließstrecke, der Chambal, die jeweils rund die doppelte Wassermenge führen wie an der Mündung der Yamuna.[3] Der Chambal ist damit der hydrologische Hauptstrang des Ganges. Weiter nach Osten folgen Sindh, Betwa und Ken.

Wie auch beim nahezu parallel verlaufenden Ganges wird die natürliche Wasserführung des Yamuna durch abgehende große Bewässerungskanäle stark vermindert. In der Trockenzeit können mehrere Ableitungen den Fluss streckenweise vollständig trockenfallen lassen. So leitet der Yamuna-Kanal wenig unterhalb des Austrittes aus dem Himalaya 218 m³/s ab (zum Vergleich Wasserführung des Mains: 215 m³/s) und später der Agra-Kanal 63 m³/s. Das Gebiet zwischen Yamuna und Ganges gilt als eines der am intensivsten bewässerten und landwirtschaftlich genutzten Areale Indiens. Es wird auch als Doab („Zweistromland“; Hindi दोआब doāb, persisch دو ﺁب do-āb „zwei Gewässer“) bezeichnet.[4]

Verschmutzung

Bearbeiten

Die unkontrollierte Einleitung von Industrie- und Privatabwässern hat dazu geführt, dass der Yamuna in Delhi als „toter Fluss“ betrachtet wird.[5] Allmählich entwickelt sich bei der Bevölkerung der Hauptstadt jedoch ein Problembewusstsein. Mehrere Initiativen arbeiten für die Reinigung und den Schutz der Yamuna.[6][7] Der Oberste Gerichtshof des nordindischen Bundesstaats Uttarakhand ordnete im März 2017 an, dass der Ganges und sein Hauptzufluss Yamuna, den Status einer juristischen Person erhalten sollen. Die Flüsse sollen „alle entsprechenden Rechte, Pflichten und Verbindlichkeiten einer lebenden Person“ erlangen. Diese Entscheidung bedeutet, dass eine Verschmutzung oder Beschädigung der Flüsse einer Schädigung einer Person gleichwertig ist. Das Gericht führte das Beispiel des neuseeländischen Whanganui River an, der auch die vollen Rechte einer juristischen Person besitzt.[8]

Teilweise führt die Verschmutzung zu extremer Schaumbildung auf der Wasseroberfläche. Besonders die traditionellen Feste der Hindus, die sich auch im Wasser des Yamuna abspielen, werden durch den Schaum behindert.[9]

Geschichte

Bearbeiten

Durch eine Erkundungsreise von Seleukos I. im Zuge der Feldzüge Alexanders (der den Strom selbst nicht erreichte) war die Yamuna auch bei den Griechen und Römern bekannt. Plinius der Ältere kennt sie unter dem Namen Jomanes bzw. Iomanes,[10] Ptolemäus als Diamuna.[11] Spätere synonyme Namen waren Djemna, Dschemna, Zemna, Jamuna.[12][13][14] In deutschsprachigen geographischen Werken taucht der Fluss mit der Bezeichnung Yamuna im 18./19. Jahrhundert auf.[14]

Der Name Yamuna wird im Deutschen sowohl mit maskulinem Genus („der Yamuna“)[5][15][16][17][14] als auch mit femininem Genus (die Yamuna)[18][19][20][21][22] verwendet. Gelegentlich finden sich in ein und demselben Werk sogar beide Genera,[23][24] selbst in früheren Ausgaben des Brockhaus tauchen beide Genera auf.[25][26][27] Seit den 1990ern verzeichnet der Brockhaus jedoch ausschließlich feminines Genus für den Fluss.[28][29]

Religiöse Bedeutung

Bearbeiten

Die religiöse Verehrung gegenüber der Yamuna steht der des Ganges kaum nach. Die Flussgöttin Yami ist Schwester von Yama, dem Gott des Todes und Tochter des Sonnengottes Surya.

Im Hinduismus wird der Zusammenfluss der Yamuna mit dem Ganges und dem mythologischen Sarasvati-Fluss als Triveni Sangam bezeichnet (zusammengesetzt aus त्रिवेणी trivēṇī „drei Flüsse“ und संगम saṅgam „Treffpunkt“). Beim Sangam findet alljährlich zwischen Mitte Januar und Mitte Februar das Magh Mela statt, bei dem sich Gläubige mit rituellen Waschungen von ihren Sünden reinigen. Im zwölfjährigen Rhythmus wird dieses Fest zum Puma Kumbh Mela mit über einer Million Pilger in wechselnden Städten entlang des Ganges. Das Maha Kumbh Mela findet alle zwölf Puma Kumbh Mela, d. h. alle 144 Jahre in Prayagraj statt.

Sonstiges

Bearbeiten

Yamuna ist auch ein in Indien verbreiteter Frauenname.

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Yamuna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Yamuna – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Central Pollution Control Board (Ministry of Environment & Forests): Water Quality Status of Yamuna River (Memento vom 15. Juni 2016 im Internet Archive) (PDF; 2,4 MB), Delhi 2006
  2. S. Krishnaswami, S.K. Singh: Chemical weathering in the river basins of the Himalaya, India (Memento des Originals vom 16. März 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.docstoc.com. Current Science Bd. 89, Nr. 5 2005
  3. Sharad K. Jain, Pushpendra K. Agarwal, Vijay P. Singh: Hydrology and water resources of India. New York 2007
  4. Indo Asia, Band 32. Deutsch-Indische Gesellschaft.1990. Webseite der DIG
  5. a b Der Spiegel (online). Tauchgang im Yamuna bei Delhi, 5. Juni 2010. Indiens Flüsse ersticken im Müll, 16. Juli 2007
  6. Artikelserie „Save our River“, The Times of India, März 2010
  7. Jürgen Webermann: Umweltschutz am vergifteten Yamuna in Indien: Rettungsversuch für einen heiligen Fluss. tagesschau.de, 12. August 2011, archiviert vom Original am 23. Februar 2012; abgerufen am 12. August 2011.
  8. Michael Safi, agencies: Ganges and Yamuna rivers granted same legal rights as human beings. In: The Guardian. 21. März 2017, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 26. März 2019]).
  9. Neu Delhi: Hindus danken im dreckigen Fluss Yamuna ihrem Sonnengott, Spiegel Online, Oktober 2014. spiegel.de, 31. Oktober 2014, abgerufen am 31. Oktober 2014.
  10. Plinius der Ältere, Naturalis historia 6,21 (deutsche Übersetzung).
  11. Ptolemäus, Geographie, 7. Buch
  12. Alte Geographie: beleuchtet durch Geschichte, Sitten, Sagen der Völker. Von Ludwig Georg, 1838. [1]
  13. Michael Mann: Geschichte Indiens vom 18. bis 21. Jahrhundert. Seite 16, Fußnote 3: ... und die Jamna stammt von Yamuna, wird aber inzwischen auch als Jamuna gesprochen (und geschrieben). [2]
  14. a b c Die Erdkunde Asien, Kleinasien, Arabien. Carl Ritter, 1833 [3].
  15. Indien - der Norden. Hans-Joachim Aubert, 2008. [4] (ebenso in vielen weiteren Reiseführern)
  16. Die Welt der Religionen: Geschichte, Glaubenssätze, Gegenwart. Monika Tworuschka, Udo Tworuschka, 2006 [5]
  17. Das Mogulreich: Geschichte und Kultur des muslimischen Indien, Stephan Conermann, 2006. [6]
  18. Indische Studien: Beiträge für die Kunde des indischen Alterthums, Band 17. Deutsche Morgenländische Gesellschaft. Verlag: Ferdinand Dümmler. 1885. [7]
  19. Leopold von Schroeder. Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von fünfzig Vorlesungen zugleich als Handbuch der indischen Literaturgeschichte. Verlag: Haessel, 1887. [8]
  20. Hermann Jakobi. Das Râmâyana: Geschichte und Inhalt, nebst Concordanz der gedruckten Recensionen. Verlag: F. Cohen. 1893. [9]
  21. Hermann Brunnhofer. Urgeschichte der Arier in Vorder- und Centralasien: Historisch-geographische Untersuchungen über den ältesten Schauplatz des Rigveda und Avesta, Band 1. Verlag: W. Friedrich, 1893. [10]
  22. Adolf Holtzmann: Das Mahābhārata und seine Theile. Verlag C. F. Haesler, Oldenburg 1895. [11]
  23. Beschreibung der Erde. Wilhelm Hoffmann, 1833. [12], der sich auf Ritter bezieht
  24. Daniel Völter. Allgemeine Erdbeschreibung: Physikalische Erdbeschreibung, Band 1. Verlag: Dannheimer, 1848. [13]
  25. Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und der Künste, Erste Section A-G. Brockhaus, 1851. (Unter Ganges) [14]
  26. Allgemeine Geschichte der Philosophie: Bd. 1. 1908. [15]
  27. Der Neue Brockhaus. Lexikon und Wörterbuch in 5 Bd., Band 1, Agra. 1971. [16] und Band 5, Yamuna. 1979. [17]
  28. Brockhaus Enzyklopädie: in vierundzwanzig Bänden, Band 24, Yamuna. 1996. [18]
  29. Der Brockhaus in einem Band, 2011.