Cotonvirus japonicum

Riesenvirus in der Unterfamilie Megamimivirinae

Cotonvirus japonicum[A. 2] ist eine von Haruna Takahashi et al. 2021 (als Cotonvirus japonicus) vorgeschlagene[4] und im April 2023 vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) in der Familie Mimiviridae bestätigte[2] Spezies von Riesenviren,[5] die einzige in der Gattung Cotonvirus (Stand 8. Mai 2023).[1] Nach Aylward et al. (2021) ist Cotonvirus eine Schwestergattung von Mimivirus und mit den Viren dieser Gattung näher verwandt als die Viren dieser beiden Gattungen einerseits mit den Gattungen Moumouvirus oder Megavirus andererseits.[2][A. 3] Die Gattungen Moumouvirus, Megavirus, Tupanvirus und Mimivirus – und damit auch Cotonvirus bilden innerhalb der Mimiviridae eine Klade mit der provisorischen Bezeichnung Mimiviridae Gruppe I (Mimiviren im weiteren Sinn).

Cotonvirus japonicum

Kryo-EM-Bild von Cotonvirus japonicus mit offenem Stargate (Pfeil).[A. 1]

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Varidnaviria[3]
Reich: Bamfordvirae[3]
Phylum: Nucleocytoviricota[3]
Klasse: Megaviricetes[3]
Ordnung: Imitervirales[3]
Familie: Mimiviridae
Unterfamilie: Megamimivirinae[1][2]
Gattung: Cotonvirus
Art: Cotonvirus japonicum
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA
Baltimore: Gruppe 1
Symmetrie: ikosaedrisch
Wissenschaftlicher Name
Cotonvirus japonicum
Links

Der Referenzstamm der Spezies wird weiter entsprechend den Erstautoren als Cotonvirus japonicus bezeichnet.[2]

Habitat und Isolation

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Der Referenzstamm Cotonvirus japonicus wurde von Takahashi et al. aus einer Wasserprobe aus einem Kanal in der Stadt Futtsu in der Präfektur Chiba, Japan, isoliert.[5]

Die Proben aus dem Kanal wurden in Co-Kultivierung mit Acanthamoeba castellanii gehalten, wobei ein cyotpathischer (die Amöbenzellen krank machender) Effekt beobachtet wurde. Nach Isolation konnten drei neue Viren beobachtet werden: Außer dem neuen, Cotonvirus japonicus benannten noch ein nicht identifiziertes Virus der Linie A (Gattung Mimivirus) und ein Virus der Linie C (Gattung Megavirus: Megavirus musashi).[4]

Beschreibung

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Cotonvirus japonicus nutzt den Golgi-Apparat (genauer Golgi-Apparat-ähnliche Vesikel) der Wirtszellen für seine Virusfabrik (auch Virionenfabrik, VF), nicht das benachbarte ER.[4]

Die Genomanalysen zeigten, dass das Virus[5] phylogenetisch mit der Gattung Mimivirus ikosaedrischer Viren und der Gattung Tupanvirus „geschwänzter“ Viren verwandt ist und daher zur Familie Mimiviridae gehört, und innerhalb dieser zur Gruppe I (von den Erstautoren als Unterfamilie „Megavirinae“ bezeichnet, entspricht der heutigen Unterfamilie Megamimivirinae inkl. Gattung Mimivirus).[4][2][1]

Morphologie

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a: TEM-Bild eines C. japonicum Virions, b: von seinem Stargate, c: REM-Bild von Virionen, d: Kryo-EM-Bild mit offenem Stargate (Pfeil).

Die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) und die Kryo­elektronen­mikroskopie (Kryo-EM) zeigten, dass die Viruspartikel (Virionen) von Cotonvirus japonicus anderen Virionen der Mimi­viridae-Linien A, B und C morphologisch sehr ähnlich sind. Die Partikel von Cotonvirus japonicus wiesen ein ikosaedrisches Kapsid (mit ca. 400 nm Durchmesser), Oberflächenfibrillen („Haare“, ca. 100 nm) und eine Stargate-Struktur auf, die an einem einzigen Scheitelpunkt (Vertex) des Virions zur Freisetzung des Genoms in die Wirtszelle dient, ähnlich wie bei anderen Mimi­viridae.[4]

In einem proteomischen Stammbaum ist dieses neue NCLDV phylogenetisch an der Wurzel von drei Linien A, B und C der Mimiviridae-Gruppe I (Mimivirus, Moumouvirus respektive Megavirus) angesiedelt (basal).[4]

 
Genom von Cotonvirus japonicus
 
Die 18S-rRNA-ähnlichen Sequenzen von Votonvirus japonicus

Cotonvirus japonicus enthält ein lineares doppelsträngiges DNA-Molekül (dsDNA) von 1,47 Mb (Megabasenpaaren) Länge, das zur Zeit des Auffindens größte unter den bekannten Viren in der Mimi­viridae-Gruppe I, mit Ausnahme der Tupanviren. Von seinen 1.306 vorhergesagten offenen Leserahmen (Open Reading Frames, ORFs) waren 1.149 (88,0 %) homolog zu denen der Familie Mimi­viridae. Mehrere charakteristische Gene (englisch core gebes) der Nucleocytoviricota – herkömmlich Nucleo­cyto­plasmic large DNA viruses (NCLDVs) genannt, Aminoacyl-tRNA-Synthetase-Gene, sowie die Wirtsspezifität von Cotonvirus japonicus sind denen der Mimiviridae-Linien A, B und C (Gattungen Mimi­virus. Moumou­virus, respektive Mega­virus) ähnlich; Stamm A (Mimivirus) war jedoch dem Cotonvirus japonicus etwas näher als die anderen.[4]

Mehrere genomische und phänotypische Merkmale von Coton­virus japonicus (der Genomgröße, der Existenz zweier Kopien 18S-rRNA-ähnlicher Sequenzen und die Dauer des Infektions­zyklus) ähneln eher denen der Tupanviren als denen der A-, B- oder C-Linien, während die Wirtsspezifität von Cotonvirus japonicus den Mitgliedern dieser drei Linien ähnlicher ist als den Tupanviren. Nach diesen Ergebnissen scheint Cotonvirus japonicus in einzigartiger chimärer Weise Merkmale bestehender Viren der Mimiviridae-Gruppe I zu vereinen, was die Beschreibung als neue Virengattung rechtfertigt. Diese Eigenschaften der Cotonviren bie­ten zudem neue Einblicke in die Evolution der Mimiviridae-Grup­pe I (Megamimivirinae inkl. Mimivirus) und ihrer Replikations­mechanismen.[4]

Wirtspezifität und Replikation

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Bildung der Virionenfabrik (VF) von C. japonicum in Acanthamoeba castellanii.
 
RTEM-Tomographie der Virionen­fabriken (VFs) von C. japonicum in A. castellanii.

Ein die Zelle krank machender Effekt (cytophathischer Effekt, CPE) konnte nur bei Acanthamoeba castellanii beobachtet werden, nicht bei A. comandoni, A. culbertsoni oder Vermamoeba vermiformis.[4]

Mögliche Virophagen und Abwehrsystem MIMIVIRE

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Takahashi et al. untersuchten 2021 auch, ob das Genom von Cotonvius japonicus Gensequenzen von Virophagen beinhaltet und ob es Hinweise auf ein Abwehrsystem wie das CRISPR-ähnliche MIMIVIRE gibt. Gefunden wurde lediglich an einer Stelle ein Zamilon-Sequenz, aber keine Hinweise auf Sputnik oder Guarani. Allerdings konnten die Autoren nicht ausschließen, dass es unbekannte MIMIVIRE-ähnliche Systeme bei der Spezies C. japonicum gibt.[4]

Phylogenie

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Mutmaßliches evolutionäres Modell der Mimiviridae Gruppe I (Unterfamilie Mesomimivirinae einschließlich Gattung Mimivirus).

Anmerkungen

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  1. Digital nachbearbeiteter Teil der Bildersequenz unter Morphologie.
  2. In der Virologie (nicht Informationstechnologie) heißt es das Virus, also ein Neutrum, daher lautet das Artepitheton mit korrekter Endung japonicum.
  3. Dennoch hat das ICTV die Gattungen Cotonvirus, Moumouvirus, Megavirus, sowie Tupanvirus der Unterfamilie Megamimivirinae zugeordnet, nicht aber die Gattung Mimivirus.[1]

Einzelnachweise

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  1. a b c d ICTV: Master Species Lists § ICTV Master Species List 2022 MSL38 v1 (xlsx), 8. April 2023.
  2. a b c d e Frank O. Aylward, Jônatas S. Abrahão, Corina P. D. Brussaard C, Matthias G. Fischer, Mohammad Moniruzzaman, Hiroyuki Ogata, Curtis A. Suttle: Create 3 new families, 3 subfamilies, 13 genera, and 20 new species within the order Imitervirales (phylum Nucleocytoviricota) and rename two existing species (zip:docx). Vorschlag 2022.004F an das ICTV vom Oktober 2021.
  3. a b c d e ICTV: ICTV Taxonomy history: Acanthamoeba polyphaga mimivirus, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35).
  4. a b c d e f g h i j Haruna Takahashi, Sho Fukaya, Chihong Song, Kazuyoshi Murata, Masaharu Takemura: Morphological and Taxonomic Properties of the Newly Isolated Cotonvirus japonicus, a New Lineage of the Subfamily Megavirinae. In: ASM Journals: Journal of Virology, Band 95, Nr. 18, 25. August 2021; doi:10.1128/JVI.00919-21, ResearchGate.
  5. a b c NCBI Taxonomy Browser: Cotonvirus japonicus (no rank), Nucleotide: Cotonvirus japonicus DNA, complete genome.