Südafrikanische Union

historischer Staat

Die Südafrikanische Union (niederländisch Unie van Zuid-Afrika) entstand am 31. Mai 1910 durch Vereinigung der vier britischen Kolonien Kapkolonie, Natal, der Oranjefluss-Kolonie und Transvaal-Kolonie, von denen die beiden letztgenannten bis zum Zweiten Burenkrieg als Oranje-Freistaat bzw. als Südafrikanische Republik („Buren-Republik“) selbständig gewesen waren.

Die Provinzen der Union hießen fortan Kapprovinz, Natal, Oranje-Freistaat und Transvaal. Am 31. Mai 1961 wurde aus der Südafrikanischen Union die Republik Südafrika.[2]

Innenpolitik

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Seefahrtsflagge der Südafrikanischen Union bis 1951 und inoffizielle Nationalflagge 1910 bis 1912. Offizielle Flagge war der Union Jack.

Die Union war anders als Kanada und Australien keine Föderation. Die Parlamente der Kolonien wurden abgeschafft und durch Provinzräte ersetzt. Die Legislative der Union war ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus dem House of Assembly und dem Senat, die beide zum größten Teil von der weißen Bevölkerungsminderheit gewählt wurden.

Dabei war das Wahlrecht in der Kapprovinz und Natal an den Landbesitz gebunden, während in Oranje-Freistaat und Transvaal auch nach der Unionsgründung Schwarze kein Wahlrecht besaßen.[3][4] Bereits ab den ersten Jahren der Union wurden „rassenpolitische“ Denkweisen als Konstruktion eines Privilegiensystems schrittweise zum bestimmenden Wesensgehalt der praktizierten Innenpolitik.[5] Diesbezüglich löste der 1913 in Kraft getretene Natives Land Act die Gründung des South African Native National Congress (SANNC), später der ANC, als politische Organisation der „zivilisierten Schwarzen“ aus.[6] 1914 gründete der wegen seiner pro-burischen Haltung aus der Regierung entlassene Barry Hertzog die Nasionale Party. Die beiden Parteien sollten die Geschichte Südafrikas im 20. Jahrhundert entscheidend prägen.

Zwischen den Provinzen bestanden Rivalitäten in Bezug auf den Sitz der Hauptstadt. Die Kompromisslösung bestand darin, dass Kapstadt Parlamentssitz, Pretoria Regierungssitz und Bloemfontein Sitz des obersten Gerichts wurde. Die Hauptstadt der Provinz Natal, Pietermaritzburg, bekam eine finanzielle Entschädigung. Diese Situation besteht noch heute und führt dazu, dass Minister, Beamte und Diplomaten jedes Jahr von Pretoria nach Kapstadt ziehen, wenn Parlamentssitzungen stattfinden, und zurück nach Pretoria, wenn dies nicht der Fall ist.

Die Fläche und Bevölkerung verteilten sich folgendermaßen auf die vier Provinzen:[7]

Provinz Fläche
in km²
Einwohner
in 1.000 (1951)
Einwohner
je km² (1951)
Verwaltungssitz
Kapland 717.707 04.417 06 Kapstadt
Natal 091.383 02.409 26 Pietermaritzburg
Oranjefreistaat 128.583 01.018 08 Bloemfontein
Transvaal 286.059 04.802 17 Pretoria
Südafrikanische
Union
1.223.732 12.646 10 Pretoria
(Regierungssitz)

Außenpolitik

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Inoffizielle Nationalflagge 1912 bis 1928 in geändertem Design. Offizielle Flagge war weiterhin der Union Jack.

Als selbst regiertes Dominion des Empire und später des Commonwealth verblieb die Union unter der britischen Krone, die in Südafrika durch einen Generalgouverneur repräsentiert wurde. Ein Premierminister stand an der Spitze der Regierung. Louis Botha, ein früherer Burengeneral, wurde der erste Premierminister der Union an der Spitze einer Koalition, die die weißen Buren sowie die überwiegend englischsprachigen übrigen Weißen repräsentierte. Im Gegensatz zu den anderen Dominions Kanada, Australien, Neuseeland, dem Irischen Freistaat und Neufundland waren die Weißen in Südafrika in der Minderheit und konnten die politische Macht nur durch Beschränkung der Rechte der schwarzen Mehrheit bewahren. Die Union erhielt mit dem Statut von Westminster am 11. Dezember 1931 wie die anderen Dominions die gesetzgeberische Unabhängigkeit von Großbritannien.

Konflikte

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Neben den rassistisch aufgeladenen Interessensgegensätzen unter den europäischen und nichteuropäischen Einwohnergruppen war der Gegensatz zwischen den „rassenpolitisch“ gemäßigteren, englischsprachigen pro-britischen Weißen und den Niederländisch bzw. Afrikaans sprechenden Buren ein weiterer zentraler innenpolitischer Konflikt, der das halbe Jahrhundert des Bestehens der Union prägte. Die Union stand zwar in beiden Weltkriegen an der Seite Großbritanniens, geriet aber nach der Bildung einer Alleinregierung durch die burische Nasionale Party 1948 immer mehr in eine gegensätzliche Position zum ehemaligen Mutterland. Als Folge davon löste die Südafrikanische Union ihre Bindungen zur britischen Krone, führte 1960 eine diesbezügliche Volksabstimmung (Referendum in Südafrika 1960) durch und wurde am 31. Mai 1961 zur Republik Südafrika, die das Commonwealth wegen der internationalen Kritik an der Apartheidspolitik verließ.[8]

Ein mehrfach aufflammender außenpolitischer Konflikt war in der südafrikanischen Verwaltungspraxis bezüglich des vom Völkerbund erteilten und nach 1945 von der UNO bekräftigten Mandats für Südwestafrika begründet. Die frühzeitig erkennbare Neigung Südafrikas in den 1920er Jahren und das nach 1948 deutlicher hervortretende Interesse an einer Inkorporation der ehemaligen deutschen Kolonie in das Staatsgebiet der Union wurde international entschieden abgelehnt.[9][10] Die internationale Kritik bezüglich der ausgeübten Verwaltung und zur Menschenrechtslage in South West Africa/Namibia hielt nach dem Ende der Südafrikanischen Union (31. Mai 1961) an.[11]

Ihre Streitkräfte hatte die Union, seit deren Gründung die Union Defence Force und ab 1958 die South African Defence Force, mehrfach bei innen- und außenpolitischen Konflikten eingesetzt. Die Beteiligung selbst auf Seite der Alliierten im Zweiten Weltkrieg führte zu einer mehrjährigen innenpolitischen Spannung zwischen Buren sowie den pro-britisch orientierten Politikern und Bevölkerungskreisen.

Literatur

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  • Brian Bunting: Rise of the South African Reich. International Defence and Aid Fund for Southern Africa, London 1986, ISBN 978-0-904759-74-7 (online)
  • Monica Cole: South Africa. Dutton, New York 1961
  • David L. Niddrie: South Africa. Nation or Nations? D. Van Nostrand Company, Princeton 1968
  • Leonard Monteath Thompson: The Unification of South Africa, 1902–1910. Clarendon Press, Oxford 1960
  • William Henry Vatcher: White Laager. The Rise Of Afrikaner Nationalism. Pall Mall Press, London 1965
  • Werner Schmidt: Südafrikanische Union (= Die Länder Afrikas. Band 4). 1. Auflage. Schroeder, Bonn 1958
  • William Basil Worsfold: The Union of South Africa. With Chapters on Rhodesia and the Native Territories of the High Commission. Little, Brown, Boston 1913 (PDF-Datei, 34,8 MB)
  • Robert Henry Brand: The Union of South Africa. Clarendon Press, Oxford 1909 (PDF-Datei; 14,2 MB)

Einzelnachweise

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  1. Europa Publications (Hrsg.): Africa South of the Sahara 1974. 4. Auflage. Europa Publications, London 1974, ISBN 978-0-900362-63-7, S. 745. (Jisc: bibliographischer Nachweis)
  2. SAIRR: A Survey of Race Relations in South Africa 1961. Johannesburg 1962. S. 1–3.
  3. Jörg Fisch: Geschichte Südafrikas. 2. Auflage. dtv, München 1991, ISBN 3-423-04550-7, S. 220–222.
  4. South Africa Act 1909, Paragraph 35–36 – abgerufen auf wikisource.org.
  5. Albrecht Hagemann: Nationalsozialismus, Afrikaaner-Nationalismus und die Entstehung der Apartheid in Südafrika. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Jahrgang 39 (1991), Heft 3, S. 413–436, hier S. 414–416.
  6. Christoph Marx: Südafrika. Geschichte und Gegenwart. Kohlhammer, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-17-021146-9, S. 190.
  7. Bertelsmann Lexikon-Redaktion (Hrsg.): Bertelsmann Weltatlas. 36. Aufl., Bertelsmann, Gütersloh 1960, S. 269.
  8. South African History Online: Becoming a Republic and withdrawal from the Commonwealth in 1961. auf www.sahistory.org.za (englisch).
  9. George Vicary Owen Bulkeley: The Mandated Territory of South-West Africa. In: Ellen Hellmann, Leah Abrahams (Hrsg.): Handbook on Race Relations in South Africa. Oxford University Press, Cape Town / London / New York 1949, S. 756–758.
  10. UNHCR: Establishment of a Good Offices Committee on South West Africa. auf www.refworld.org (englisch).
  11. SAIRR: A Survey of Race Relations in South Africa 1968. Johannesburg 1969, S. 304.