Robert Thomsen

deutscher Psychiater

Robert Thomsen (* 15. Juli 1858 in Hamburg; † 26. Oktober 1914 in Bonn) war ein deutscher Mediziner und Psychiater.

Thomsen studierte Medizin in Tübingen, Leipzig und Göttingen, wo er 1881 promovierte und danach bis 1883 zunächst Assistent von Ludwig Meyer in Göttingen und Daniel Wilhelm Reye in Hamburg-Friedrichsberg war. 1883 wurde er Assistent von Carl Westphal an der Psychiatrischen Klinik der Charité und habilitierte sich 1886. Dabei vertrat er den erkrankten Westphal auch als Leiter der Klinik und in dessen Vorlesungen. 1888 wurde er Nachfolger von Adolf Freisberg als Leiter der privaten Nervenklinik von Carl Hertz in Bonn (Hertz`sche Privatanstalt). Er modernisierte sie von einer Pflege- zu einer Heilanstalt für Nervenkrankheiten und Psychosen. In den Anfangsjahren in Bonn hielt er auch eine Nervenpoliklinik ab. Er starb an einem Nierentumor. Sein Nachfolger war Georg Alexander Wilhelmy.

Seine Vorlesungen in Bonn betrafen vor allem Themen der forensischen Psychiatrie. In der Geschichte der Klassifikation der Zwangsstörungen bis hin zu den neueren in DSM-5 und ICD-10 verwendeten Klassifikationssystemen spielen die Arbeiten von Westphal und dessen Schüler Thomsen eine zentrale Rolle.[1] Westphal erkannte 1877[2] deren eigenständige Rolle im Gegensatz zu Richard von Krafft-Ebing, der den Begriff 1867 einführte. Thomsen übernahm als einer der wenigen Psychiater damals Westphals Einschätzung und verfeinerte die Klassifikation in solche, die ein eigenes Krankheitsbild darstellen (idiopathisch) und solche die Folge anderer Geisteskrankheiten sind (deuteropathisch).[3]

1895 erhielt er den Professorentitel, wurde 1911 Mitglied des Medizinal-Kollegiums der Rheinprovinz und 1914 Medizinalrat.

Schriften (Auswahl)

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  • Die traumatischen Neurosen, Berlin 1889
  • Die Anwendung der Hydrotherapie und Balneotherapie bei psychischen Erkrankungen, Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Band 55, 1898, S. 721–747
  • Klinische Beiträge zur Lehre von den Zwangsvorstellungen und verwandten psychischen Zuständen, Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, Band 27, 1895, S. 319–385
  • Untersuchungen über den Begriff des Verbrechensmotivs, München: Beck 1902
  • Zur Klinik und Aerologie der Zwangserscheinungen, über Zwangshallucinationen und über die Beziehungen der Zwangsvorstellungen zur Hysterie, Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, Band 44, 1908, S. 1–58
  • Die akute Paranoia, Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, Band 45, 1909, S. 803–934.

Literatur

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  • Thomsen, Robert, in: Alma Kreuter, Deutschsprachige Neurologen und Psychiater, K. G. Saur 1996, S. 1456–1457
  • Hans König: Nachruf in der Berliner Klinischen Wochenschrift, Band 51, 1914, S. 1903–1904
  • Hans König: Zu Robert Thomsens Gedächtnis, Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, Band 55, 1915, S. 622–625
  • Max Wassermeyer: Robert Thomsen, in Kirchhoff (Hrsg.), Deutsche Irrenärzte, Band 2, Springer 1924, S. 286–288
  • Peter Schuster, Dominik Groß: Die Hertz`sche Privatklinik Bonn (1849–1952), in: Axel Karenberg, Dominik Groß, Mathias Schmidt (Hrsg.), Forschungen zur Medizingeschichte, Beiträge des Rheinischen Kreises der Medizinhistoriker, Kassel University Press 2013, S. 155–172

Einzelnachweise

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  1. A. Oberbeck, H. Steinberg, Sind die aktuellen Konzepte der Zwangsstörung ein Novum? Von Westphal (1877) und Thomsen (1895) zur ICD-10 und zum DSM-5, Der Nervenarzt 2015, S. 1–6
  2. Westphal, Über Zwangsvorstellungen, Berliner Klinische Wochenschrift, Band 46, 1877, S. 669–672, Band 47, 1877, S. 687–689
  3. Thomsen, Klinische Beiträge zur Lehre von den Zwangsvorstellungen und verwandten psychischen Zuständen, Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, Band 27, 1895, S. 319–385