Michaelskloster (Heidelberg)

Ehemaliges Prämonstratenserkloster in Baden-Württemberg

Das Michaelskloster auf dem Heidelberger Heiligenberg wurde als Filialkloster des Klosters Lorsch im 9. Jahrhundert an der Stelle einer alten Kultstätte gegründet. Von der im 16. Jahrhundert aufgegebenen Anlage sind Fundamentreste sowie zwei unterschiedlich hohe Türme erhalten.

Luftaufnahme des Michaelsklosters von Westen

Geschichte

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Rekonstruktion
 
Künstlerische Interpretation des Klostergartens der Michaelsbasilika

Vorläuferbauten bestanden schon zur Zeit der Kelten. Das Areal bildet den höchsten Punkt innerhalb einer doppelten Ringwallanlage auf dem Heiligenberg. Nachweisbar ist eine römische Kultstätte unter der Basilikaruine, die nach einem gefundenen Weihestein dem Mercurius Cimbrianus zugewiesen wird. Der Grundriss des römischen Tempels mit Apsis im Norden ist mit Steinplatten im Boden des Kirchenschiffs markiert.

Schon im 7. Jahrhundert wurde die Kultstätte christlich verwendet, belegt durch Bestattungen aus merowingischer Zeit. Abt Thiotroch vom Benediktiner-Kloster Lorsch ließ sich die Kirche übereignen und baute sie aus. Zwar wird im Lorscher Codex für das Jahr 870 ein Klosterbau erwähnt, der ist aber archäologisch nicht nachweisbar und stellt möglicherweise eine Rückprojektion der späteren Klostergründung dar.

Erst im Jahr 1023 wurde das Kloster Sankt Michael und die Michaelsbasilika von Abt Reginbald, dem späteren Bischof von Speyer, unter Verwendung karolingischer Bauteile neu erbaut. Im Jahre 1070 wurde Abt Friedrich von Hirsau im Kloster beigesetzt (Grabplatte in der Krypta der Basilika). Somit wurde das Kloster zu einem Wallfahrtsort (nicht kanonisiert).

Zur Zeit des Klosterneubaus wurde auch eine Wasserleitung von einer Quelle auf dem Weißen Stein bis in die Nähe des Klosters errichtet, die den schwächer werdenden Bittersbrunnen als wichtigste Wasserquelle auf dem Heiligenberg ersetzte.[1]

Im Jahre 1094 wurde von St. Michael aus auf der südlichen Kuppe das Stephanskloster gegründet. Hinterlassenschaften von gefallenen Teilnehmern des Ersten Kreuzzuges (1096–1099) finanzierten diesen Bau.

Mit der Übernahme des Lorscher Klosters durch den Erzbischof von Mainz 1226 endete die Benediktinerzeit. Nach einem kurzen Zwischenspiel der Zisterzienser siedelten Prämonstratenser aus dem Kloster Allerheiligen im Schwarzwald in den beiden Klöstern.

 
Ansicht des verlassenen Michaelsklosters im 17. Jahrhundert, Kupferstich von Matthäus Merian

Archäologisch sind Brandspuren, datiert in die Zeit der Auseinandersetzung der Kurpfalz mit Kurmainz, nachweisbar mit anschließendem Wiederaufbau. 1503 wird der Einsturz eines Glockenturms der Michaelsbasilika bezeugt, bei der drei Ordensleute in der Schlafkammer den Tod gefunden haben sollen. Dabei dürfte es sich allerdings nicht um den Hauptturm östlich der Kirche gehandelt haben, da dieser noch auf dem Kupferstich Matthäus Merians (publiziert 1654, die Vorlage dürfte auf die Jahre vor 1619 zurückgehen) detailreich abgebildet ist und auf einer Skizze im Kurpfälzischen Skizzenbuch (entstanden wohl noch im 16. Jahrhundert) sogar noch spitz zulaufendes Dach besitzt.[2] Die Aufgabe des Klosters muss in der Folgezeit passiert sein, da das Kloster 1537 als verlassen galt.

Im Rahmen der Säkularisation wurde die Ruine der Universität Heidelberg übertragen, deren Senat 1589 beschloss, die Klöster abzureißen und die Steine zu verkaufen, um der Einsiedlung von „Gesindel“ in der Ruine entgegenzuwirken. Wie Matthäus Merians Stich zeigt, wurde dieser Beschluss vermutlich nur in geringem Umfang umgesetzt. Der heutige Ruinenzustand ist auf die umwohnenden Bauern besonders aus Handschuhsheim zurückzuführen, die die Ruinen als Steinbruch benutzten.

Die beiden Türme im westlichen Teil der Anlage können als Aussichtsturm bestiegen werden, wobei nur der Nordwest-Turm wegen seiner größeren Höhe von etwa 14 Metern Aussicht ins Rheintal bietet.[3]

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Commons: Michaelskloster Heiligenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

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  • Wilhelm Schleuning: Die Michaels-Basilika auf dem heiligen Berg bei Heidelberg. Eine baugeschichtliche Studie. Heidelberg 1887.
  • Fritz Trautz: Das untere Neckarland im frühen Mittelalter. Carl Winter Verlag, Heidelberg 1953, S. 110–114.
  • Dietrich Lutz: Die Michaelsbasilika auf dem Heiligenberg bei Heidelberg, ein bedrohtes Denkmal. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. 6. Jahrgang, Heft 1, 1977, S. 34 (Digitalisat).
  • Peter Marzolff: Grabungen in St. Michael auf dem Heiligenberg bei Heidelberg. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. 11. Jahrgang, Heft 3, 1982, S. 129–141 (Digitalisat).
  • Peter Marzolff: Die neuen Grabungen in St. Michael auf dem Heiligenberg. In: Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg. Band 8, 1983, S. 57–78.
  • Peter Marzolff: St. Michael auf dem Heiligenberg, Stadt Heidelberg. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1983. Konrad Theiss, Stuttgart 1984, ISBN 3-8062-0386-5, S. 205–211.
  • Eckhard Spatz: Das Michaelskloster. Benediktiner auf dem Heiligenberg. Lichtbilderreihe. Hrsg. vom Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis, Bildstelle Heidelberg, 1990.
  • Bert Burger: Klosterruine St. Michael auf dem Heiligenberg. Beitrag über die Wiedereinwölbung der Westkrypta. In: Stadtteilverein Handschuhsheim e. V. Jahrbuch 2005, Heidelberg 2005, S. 23–27.
  • Bert Burger: Klosterruine St. Michael auf dem Heiligenberg. Beginn der Ausgrabungen durch Wilhelm Schleuning 1886. In: Stadtteilverein Handschuhsheim e. V. Jahrbuch 2006, Heidelberg 2006, S. 47–52.
  • Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (Hrsg.): Forschungen zum Heiligenberg bei Heidelberg (= Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg. Band 32). Theiss, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-8062-2791-8.

Einzelnachweise

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  1. Berndmark Heukemes: Archäologen erforschen den Bittersbrunnen, in: Stadtteilverein Handschuhsheim e. V. Jahrbuch 1990, S. 9–11.
  2. Peter Marzolff: Die Ausgrabungen zu St. Michael. In: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (Hrsg.): Forschungen zum Heiligenberg bei Heidelberg. Theiss, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-8062-2791-8, S. 9–135, hier S. 15–17.
  3. Angaben laut privater Erkundung.

Koordinaten: 49° 25′ 33″ N, 8° 42′ 22″ O