Geteilte Führung

Verteilung der Führung auf unterschiedliche Akteure mit kollaborativem Entscheiden

Geteilte Führung (engl. shared leadership) bezeichnet die Verteilung von Führung auf unterschiedliche Akteure in dem Sinne, dass es in einem Team nicht nur einen, sondern mehrere Führende gibt.

Es handelt sich um einen etablierten Ansatz der Führungsforschung. Verwandte und teilweise synonym gebrauchte Konzepte sind die kollaborative Führung,[1] die komplementäre Führung[2] und die distributive Führung.[3] Geteilte Führung (Shared Leadership) ist eine Form pluraler Führung (Plural Leadership).[4]

Definitionen

Bearbeiten

Geteilte Führung lässt sich unterschiedlich definieren, wobei alle Definitionen ein ähnliches Phänomen beschreiben, nämlich das Führen durch mehr als nur eine Person bzw. die Aufteilung des Führungshandelns auf unterschiedliche Beteiligte.

Pearce und Sims definieren sie als eine Führung, die von Teammitgliedern ausgeht und nicht nur einfach von einem ernannten Führenden.[5] Pearce und Conger verstehen unter ihr einen dynamischen, interaktiven Beeinflussungsprozess zwischen Individuen und Gruppen mit dem Ziel, einander zu führen, zur Erreichung von Gruppen- oder Organisationszielen oder beidem. Dieser Einfluss beinhalte oft laterale Beeinflussung, also durch Gleichrangige, zu anderen Zeiten aufwärtsgerichtete oder abwärtsgerichtete hierarchische Beeinflussung.[6] Des Weiteren entstehe Geteilte Führung, wenn Gruppenmitglieder die Rolle des Führenden aktiv und zielgerichtet aneinander abgeben, so wie es die Umwelt oder die Bedingungen erfordern, innerhalb derer die Gruppe operiert.[7] Hoch und Dulebohn sind der Meinung, Geteilte Führung beschreibe eine kollektive Team-Führung durch die Teammitglieder und sei charakterisiert durch kollaboratives Entscheiden und geteilte Verantwortung für die Ergebnisse.[8]

Wie Pearce, Manz and Sims zusammenfassend feststellen, beinhalten alle Definitionen der geteilten Führung einen Beeinflussungsprozess, der auf mehr als nur hierarchisch abwärtsgerichteter Beeinflussung von Gefolgschaften oder Mitarbeitern durch einen ernannten Führenden beruht. Zudem beschreiben fast alle Konzepte die breite Verteilung von Macht und Einfluss innerhalb einer Gruppe von Individuen und stellen sie der einer Bündelung von Macht und Einfluss in den Händen einer einzigen, die Rolle des dominanten Anführers einnehmenden Person gegenüber.[9]

Literatur

Bearbeiten
  • Noshir S. Contractor, Leslie A. DeChurch, Jay Carson, Dorothy R. Carter, Brian Keegan: The topology of collective leadership. In: The Leadership Quarterly. (23), 2012, S. 994–1011.
  • Endres, Sigrid/Weibler, Jürgen: Understanding (non)leadership phenomena in collaborative interorganizational networks and advancing shared leadership theory: An interpretive grounded theory study. In: Business Research, 2020, doi.org/10.1007/s40685-019-0086-6
  • Endres, Sigrid/Weibler, Jürgen: Plural Leadership: Eine zukunftsweisende Alternative zur One-Man-Show. Springer Fachmedien, Wiesbaden, 2019
  • C. L. Pearce, H. P. Sims: Shared leadership - toward a multi-level theory of leadership. In: Advances in Interdisciplinary Studies of Work Teams. 2001, S. 115–139.
  • Craig L. Pearce, Jay A. Conger (Hrsg.): Shared Leadership – Reframing the Hows and Whys of Leadership. Sage 2003.
  • Craig L. Pearce, Julia Elisabeth Hoch, Hans Jeppe Jeppesen, Jürgen Wegge: New Forms of Management – Shared and Distributed Leadership in Organizations. In: Journal of Personnel Psychology. 4/2010, S. 151–153.
  • Hans-Gerd Ridder, Christina Hohn: Führung in Teams – Geteilte Führung als Beitrag zum Führungsprozess. In: Heike Bruch, Stefan Krummaker, Bernd Vogel: Leadership – Best Practices und Trends. 2. Auflage. Springer Gabler, 2012, S. 157–164.
  • Simon Werther: Geteilte Führung – Ein Paradigmenwechsel in der Füh-rungsforschung. Springer Gabler Research, 2013.
  • Brigitte Winkler: Shared Leadership Ansätze nutzen. In: Organisationsentwicklung. 3/2012, S. 4–6.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Michael W. Kramer, David A. Crespy: Communicating collaborative leadership. In: The Leadership Quarterly. (22), 2011, S. 1024–1037.
  2. Boris Kaehler: Komplementäre Führung – Ein praxiserprobtes Modell der organisationalen Führung. Springer Gabler, 2014.
  3. Craig L. Pearce, Julia Elisabeth Hoch, Hans Jeppe Jeppesen, Jürgen Wegge: New Forms of Management – Shared and Distributed Leadership in Organizations. In: Journal of Personnel Psychology. 4/2010, S. 151–153.
  4. Sigrid Endres, Jürgen Weibler: Plural Leadership: Eine zukunftsweisende Alternative zur One-Man-Show. Springer Fachmedien, 2019, ISBN 978-3-658-27115-2, ISSN 2197-6708, doi:10.1007/978-3-658-27116-9.
  5. Craig L. Pearce, Henry P. Sims: Shared leadership: Toward a multi-level theory of leadership. In: Advances in Interdisciplinary Studies of Work Teams. Volume 7, Emerald Group Publishing, 2000, S. 115–139.
  6. C. L. Pearce, J. A. Conger: Shared leadership: Reframing the hows and whys of leadership. Sage Publications, Thousand Oaks, CA 2003, S. 1.
  7. Craig L. Pearce, Julia Elisabeth Hoch, Hans Jeppe Jeppesen, Jürgen Wegge: New Forms of Management – Shared and Distributed Leadership in Organizations. In: Journal of Personnel Psychology. 4/2010, S. 151–153.
  8. Julia E. Hoch, James H. Dulebohn: Shared leadership in enterprise resource planning and human resource management system implementation. In: Human Resource Management Review. 1/2013, S. 116.
  9. C. L. Pearce, C. C. Manz, H. R Sims, Jr.: Where Do We Go From Here?: Is Shared Leadership the Key to Team Success? In: Organizational Dynamics. 38 (3), 2009, S. 234–238.