Galoisverbindung

mathematische Beziehung zwischen zwei Mengen

Als Galoisverbindung bezeichnet man die mathematische Beschreibung einer Wechselbeziehung zwischen zwei Gesamtheiten (Mengen). Dabei wird jedem Element der einen Menge ein Element der anderen zugeordnet und umgekehrt, wobei noch bestimmte Regeln einzuhalten sind. Es wird angenommen, dass die beiden Gesamtheiten (partiell) geordnet sind. Die Regeln sollen dann sicherstellen, dass die Wechselbeziehung mit diesen Ordnungen verträglich ist.

Ein außermathematisches Beispiel einer solchen Wechselbeziehung wird durch das sogenannte Reziprozitätsgesetz der philosophischen Begriffslehre beschrieben: „Inhalt und Umfang eines Begriffs stehen gegen einander in umgekehrtem Verhältnis. Je mehr nämlich ein Begriff unter sich enthält, desto weniger enthält er in sich, und umgekehrt.“[1] [2]

Benannt sind die Galoisverbindungen nach dem französischen Mathematiker Évariste Galois. Man unterscheidet monotone und antitone Galoisverbindungen. Das erwähnte Beispiel der Beziehung zwischen Begriffsumfang und Begriffsinhalt entspricht dem antitonen Fall (je mehr von dem einen, desto weniger vom anderen). Ohne Angabe von „monoton“ oder „antiton“ sind in diesem Artikel antitone Galoisverbindungen gemeint.

Definitionen

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Antitone Galoisverbindung

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Eine antitone Galoisverbindung zwischen zwei partiell geordneten Mengen   und   ist ein Paar   von Abbildungen   und  , wobei   und   antitone Abbildungen sind und ihre Kompositionen   und   extensiv sind. Das bedeutet, es müssen die folgenden Eigenschaften erfüllt sein:

  1.  
  2.  
  3.  
  4.  

Äquivalent ist es zu fordern, dass

 

erfüllt ist.

Monotone Galoisverbindung

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Eine monotone Galoisverbindung zwischen zwei partiell geordneten Mengen   und   ist ein Paar   von Abbildungen   und  , wobei   und   monotone Abbildungen sind,   extensiv ist und   intensiv. Das bedeutet, es müssen die folgenden Eigenschaften erfüllt sein:

  1.  
  2.  
  3.  
  4.  

Äquivalent ist es zu fordern, dass

 

erfüllt ist.

Eine monotone Galoisverbindung   ist gerade der Spezialfall einer kategorientheoretischen Adjunktion  , wo es sich bei den Kategorien um partiell geordnete Mengen handelt.

Eigenschaften

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Eine antitone Galoisverbindung   zwischen   und   besitzt die folgenden Eigenschaften:

  • Symmetrie:   ist eine Galoisverbindung zwischen   und  .
  •  , per Symmetrie ebenso  .
  •   ist ein Hüllenoperator auf  , und damit ist   ein Hüllenoperator auf   .
  • Eindeutigkeit: Ist   eine weitere Galoisverbindung zwischen   und  , so ist  . Ist   eine weitere Galoisverbindung zwischen   und  , so ist  

Eine monotone Galoisverbindung   zwischen   und   besitzt die folgenden Eigenschaften:

  •   und  .
  •   ist ein Hüllenoperator auf   und   ein Kernoperator auf  .
  • Ist   eine weitere monotone Galoisverbindung zwischen   und  , so ist  . Ist   eine weitere monotone Galoisverbindung zwischen   und  , so ist  .

Anwendung

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Theorie und Anwendung solcher Galoisverbindungen sind z. B. Gegenstand der Formalen Begriffsanalyse[3] (FBA). In der FBA bilden Gegenstände die eine Menge, die potentiellen Eigenschaften (Merkmale) die dazugehörige andere Menge.

Dabei sind   und   Potenzmengen, etwa   und  . Diese sind durch Inklusion halbgeordnet. Unter einer Galoisverbindung zwischen den Mengen   und   versteht man dann eine Galoisverbindung zwischen   und  . Solche können mit Hilfe von Relationen gewonnen werden: Sei   eine Relation zwischen   und  . Die Abbildungen

 ,

 

stellen dann eine Galoisverbindung zwischen   und   her.

Beispiele

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  • Sind die partiellen Ordnungen auf   und   gerade die Gleichheit, ist eine Galois-Verbindung (gleichgültig, ob monoton oder antiton) zwischen   und   ein Paar zueinander inverser Funktionen.
  • Die Einbettung der ganzen Zahlen in die reellen Zahlen   bildet mit der Abrundungsfunktion   eine monotone Galoisverbindung,  , zwischen   und   mit ihren gewöhnlichen Ordnungen.
  • Für jede natürliche Zahl   bilden die ganzzahlige Division durch  , d. h.  , und die Multiplikation mit  , d. h.  , eine monotone Galoisverbindung zwischen   und  ,  .
  • Zwischen einem Körper   mit Unterkörper   und der Galoisgruppe von   besteht die folgende Relation  :
 
Daraus kann eine Galoisverbindung zwischen   und   definiert werden. Diese wird im Hauptsatz der Galoistheorie untersucht. Dieses Beispiel erklärt die Bezeichnung Galoisverbindung.
  • Betrachten wir einen Vektorraum   und einen zweiten Vektorraum   bestehend aus linearen Funktionalen von  , d. h. einen Unterraum des Dualraumes  . Wir definieren die Relation   auf   durch
 .
Diese Relation definiert eine Galois-Verbindung zwischen   und  , aber auch zwischen deren Unterräumen. Man schreibt dann   anstatt   sowie   anstatt  , und es gelten
 ,
 .
  • In der algebraischen Geometrie besteht eine Galois-Verbindung   z. B. zwischen den affinen algebraischen Mengen in   und den Idealen im Polynomring  , wobei   einen algebraisch abgeschlossenen Körper bezeichnet. Dabei ordnet   jeder algebraischen Menge das Ideal aller Polynome zu, die auf dieser Menge verschwinden, und   ordnet jedem Ideal diejenige algebraische Menge zu, die gemeinsame Nullstellenmenge aller Polynome in diesem Ideal ist; formal:
 ,
 .
  • In der universellen Algebra, genauer in der Gleichungstheorie, existiert eine Galoisverbindung   zwischen den Gleichungssystemen und den Klassen von Algebren. Dabei seien Algebren und Terme von einem festen Typ. Die Galoisverbindung wird als die Galoisverbindung der Gleichungstheorie bezeichnet und weicht von der ursprünglichen Definition dahingehend ab, dass nicht bloß auf Mengen, sondern auf Klassen operiert wird. Es sei   ein Gleichungssystem über der Variablenmenge   und   eine Klasse von Algebren:
 , die Klasse aller Modelle von  ,
 , die Menge aller in allen Algebren von   gültigen Gleichungen über  .
  • In   mit der Standardordnung gilt
 .
Das heißt,   und   bilden eine monotone Galoisverbindung. Man kann diese Eigenschaft auch als Definition der Subtraktion einer Zahl relativ zur Addition derselben Zahl auffassen. Im Gegensatz zur Definition der Subtraktion als Addition des additiven Inversen ist sie auch in Situationen brauchbar, wo es keine negativen Zahlen gibt.
  • Für jede Abbildung   gibt es die Urbildabbildung  . Bezüglich der Teilmengenrelation hat letztere Links- und Rechtsadjungierte  , mit  , definiert durch
  und
 .
  ist als Bildung des Bilds unter   bekannt.

Einzelnachweise

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  1. Gottlob Benjamin Jäsche: Immanuel Kants Logik: ein Handbuch zu Vorlesungen. Hrsg.: J.H. v. Kirchmann. Friedrich Nicolovius, Berlin 1876, ISBN 978-5-88002-810-8.
  2. Gottlob Benjamin Jäsche: Immanuel Kants Logik. 30. Dezember 2015, abgerufen am 13. April 2019.
  3. Bernhard Ganter: Diskrete Mathematik: Geordnete Mengen (= Springer-Lehrbuch). Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-37499-9.