Friedrich Wilhelm Ahnefeld

deutscher Anästhesist

Friedrich Wilhelm Ahnefeld (* 12. Januar 1924 in Woldenberg (Neumark), Grenzmark Posen-Westpreußen; † 29. November 2012 in Ulm) war ein deutscher Anaesthesiologe und Hochschullehrer.[1] Als Sanitätsoffizier war er bis 1972 der erste Chefarzt des Bundeswehrkrankenhauses Ulm. Von 1984 bis 1990 war er als ordentlicher Professor für Anaesthesiologie Direktor der Anästhesiologischen Universitätsklinik im Universitätsklinikum Ulm. Zudem war er Bundesarzt des Deutschen Roten Kreuzes. Er befasste sich mit Anästhesie, Intensivmedizin und Notfallmedizin, unter anderem mit der Behandlung von Verbrennungen, insbesondere der Flüssigkeitstherapie beim Verbrennungsschock, und gilt als Pionier des Rettungswesens und der Notfallmedizin. In der Bundesrepublik Deutschland hatte er einen wesentlichen Einfluss auf die Reorganisation des Rettungswesens und die Ausbildung von Notärzten.

Gorgass Ahnefeld
Bodo Gorgaß und Friedrich Wilhelm Ahnefeld auf einem notfallmedizinischen Kongress 1985

Nach Kindheit und Jugend in Woldenberg (in Ostpreußen), Besuch eines Gymnasiums in Berlin und Abitur in Gnesen begann Friedrich „Fritz“ Ahnefeld 1941 ein Studium der Humanmedizin an der Reichsuniversität Posen. Schon bald wurde er zum Heer (Wehrmacht) eingezogen und an der Ostfront schwer verwundet. Er gelangte anschließend in den Westen und begann ein Studium der Theologie, wechselte aber bald wieder zum Medizinstudium, führte dieses in der Nachkriegszeit ab 1946 an der Westfälischen Wilhelms-Universität fort und beendete es 1951 mit dem Staatsexamen und der Promotion an der Medizinischen Akademie Düsseldorf.

Nach einem Jahr am Pharmakologischen Institut in Wuppertal-Elberfeld, wo er bei Hellmut Weese an ersten Arbeiten über kolloidale Volumenersatzmittel beteiligt war, durchlief er von 1952 bis 1958 die Facharztausbildung zum Chirurgen im Alfried Krupp Krankenhaus in Essen und im Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum, wo Heinrich Bürkle de la Camp zu den von ihm verehrten Lehrern gehörte. 1958 wurde Ahnefeld Sanitätsoffizier der Bundeswehr und erhielt damit die Gelegenheit, seine Forschungen zur Behandlung von Verbrennungen zu intensivieren. Von 1959 bis 1962 absolvierte er die Ausbildung zum Facharzt für Anästhesiologie an der Medizinischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bei Rudolf Frey, dessen Institut er als Externer auch während einer Tätigkeit als Anästhesist am Koblenzer Bundeswehrkrankenhaus angehörte, und arbeitete dort als Gast auch am von Konrad Lang geleiteten Institut für Physiologische Chemie, an dem er sich 1964 mit der Arbeit Der Schock bei Verbrennungsverletzten, klinische und experimentelle Untersuchungen habilitierte.[2]

Am 1. Januar 1968 wurde er in Personalunion Chefarzt (Oberstarzt) des in Planung befindlichen Bundeswehrkrankenhauses Ulm sowie dessen Leiter der Anästhesieabteilung. Neben der Ernennung zum Honorarprofessor, einhergehend mit der Verleihung der Rechte und Pflichten eines ordentlichen Professors durch das Kultusministerium, beauftragte ihn die Stadt Ulm 1968 auch mit der Leitung der neu gegründeten Anästhesieabteilung des Städtischen Krankenhauses Ulm. Im Jahr 1971 war er Dekan der Medizinischen Fakultät und wenige Jahre später Ärztlicher Direktor der als Umiversitätsklinikum dienenden Städtischen Krankenanstalten. 1980 veröffentlichte er mit Bodo Gorgaß das erste Lehrbuch für den Rettungsdienst. Von 1984 bis 1990 war er Direktor der Anästhesiologischen Universitätsklinik Ulm und von 1973 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1992 Lehrstuhlinhaber für Anaesthesiologie an der Universität Ulm. Er wirkte auch als Sprecher des Zentrums für Anaesthesiologie und stellvertretender Ärztlicher Direktor des Klinikum Ulms sowie Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anaesthesiologie und Intensivmedizin. Danach war Ahnefeld noch Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und offizieller Berater von Universitäten in den Neuen Ländern. Zu seinen Freunden gehörte sein Kollege Wolfgang Friedrich Dick (1936–2021).

Ahnefelds Ehefrau war ebenfalls Sanitätsoffizier bei der Bundeswehr.

Leistungen

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Schwerpunkt von Ahnefelds wissenschaftlicher Tätigkeit war seit Beginn der 1950er Jahre die Behandlung der Verbrennungskrankheit, insbesondere die Schockbekämpfung. Die Zusammenarbeit mit dem in Basel tätigen Chirurgen Martin Allgöwer führte zu neuen Erkenntnissen in der Schockforschung. Ahnefeld sorgte in der Notfallmedizin für die Standardisierung von Geräten und Rettungsmitteln, DIN-Normen für Rettungs- und Notfallwagen, die Aus- und Weiterbildung von Rettungspersonal, setzte sich für eine qualifizierte Weiterbildung von Ärzten zu Notärzten ein, entwickelte das Konzept der Rettungskette und stellte den „Ulmer Koffer“ zusammen. Er initiierte zudem die Empfehlungen der DGAI zur Sicherheit medizinisch-technischer Geräte.

Im Jahr 1982 brachte Ahnefeld den problematischen Zustand des damaligen Rettungsdienstes auf den Punkt: „Wir fahren im Augenblick den Rettungsdienst mit einer Rolls-Royce-Karosserie und einem Kleinwagenmotor in die Sackgasse.“[3]

Ehrungen

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Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Sekunden entscheiden. Lebensrettende Sofortmaßnahmen (= Heidelberger Taschenbücher. Band 32). Springer, Berlin/Heidelberg 1967; 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage (mit dem Untertitel Notfallmedizinische Sofortmaßnahmen) ebenda 1981, ISBN 978-3-540-10616-6.
  • mit Caius Burri: Cava-Katheter. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1977.
  • mit Bodo Gorgaß: Der Rettungssanitäter – Ausbildung und Fortbildung. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1980.
  • als Hrsg. mit K.-H. Altemeyer, H. Bergmann, Caius Burri, Wolfgang Friedrich Dick, Miklós Halmágyi, G. Hossli und Erich Rügheimer: Narkosebeatmung im Kindesalter (= Klinische Anästhesiologie und Intensivtherapie. Band 26). Springer-Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-540-12493-4.
  • mit Reiner Dölp und Jürgen Kilian: Anästhesie (= Manual. Band 1). Korrigierter Nachdruck der 1. Auflage. W. Kohlhammer, Stuttgart 1985, ISBN 3-17-008837-8.
  • mit Hans-Hinrich Mehrkens: Notfallmedizin (= Manual. Band 2). Korrigierter Nachdruck der 1. Auflage. W. Kohlhammer, Stuttgart 1985, ISBN 3-17-009138-7.
  • mit Jürgen Erik Schmitz: Infusionstherapie – Ernährungstherapie (= Manual. Band 3). W. Kohlhammer, Stuttgart, ISBN 3-17-009012-7.
  • als Hrsg. mit Wolfgang Dick und E. Erdmann: Herz- und kreislaufwirksame Medikamente in Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin. Springer-Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-540-57634-7.

Literatur

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  • W. Dick: Friedrich-Wilhelm Ahnefeld zum 60. Geburtstag. In: Der Anaesthesist. Band 33, Heft 1, Januar 1984, S. 1–3.
  • Michael Georgieff: Universität Ulm: Universitätsklinik für Anästhesiologie. In: Jürgen Schüttler (Hrsg.): 50 Jahre Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin: Tradition und Innovation. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York 2003, ISBN 3-540-00057-7, S. 551–557, hier: S. 551–552.
  • F. Dick: Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Friedrich Wilhelm Ahnefeld (Nachruf). In: Anästhesiologie und Intensivmedizin. Band 54, 2013, S. 54–56.
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Commons: Friedrich Wilhelm Ahnefeld – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Mediziner Ahnefeld gestorben
  2. Zwei Ehrenpromotionen der Universität Greifswald an einem Tag, Presse- und Informationsstelle der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, 18. November 2008
  3. Der Spiegel: RETTUNGSDIENSTE. Irgendwie kneten. In den Krankenwagen der Rettungsdienste sitzen unzureichend ausgebildete Helfer. In vielen Fällen sind sie so hilflos wie ihre Patienten. 26. April 1982, S. 83–87 (spiegel.de).
  4. Geschichte der DGAI-Ehemalige Präsidenten (Memento vom 18. Juli 2009 im Internet Archive), Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin.
  5. Vorstand | Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. Abgerufen am 9. Dezember 2017.
  6. Professor Friedrich Wilhelm Ahnefeld Ehrendoktor der Universität Greifswald, Pressestelle der Universität Ulm, 4. Dezember 2008
  7. Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg - Liste der Ordensträgerinnen und Ordensträger 1975–2023 (PDF; 307 KB). Staatsministerium Baden-Württemberg, 19. April 2024
  8. Alle Träger/innen (Memento vom 7. März 2016 im Internet Archive), Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin.
  9. Heinrich-Braun-Medaille. Übersicht aller Träger/innen. In: www.dgai.de. Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 23. März 2023.@1@2Vorlage:Toter Link/www.dgai.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)