Unter Feinmotorik wird eine durch bestimmte neurologische Untersuchungstechniken nachprüfbare Willkürmotorik verstanden. Es handelt sich dabei um entwicklungsgeschichtlich ausgereifte Bewegungsabläufe isolierter Muskelgruppen im Gegensatz zu sogenannten undifferenzierten, grobmotorischen Synergien.[1] Nach dem biogenetischen Grundgesetz sei vor allem bei Kindern auf die Entwicklung feinmotorischer Fähigkeiten zu achten.[2]

Manuelles Schreiben ist eine anspruchsvolle feinmotorische Tätigkeit

Die Feinmotorik kann als Teil der Geschicklichkeit und der Körperbeherrschung verstanden werden, wobei letzterer Begriff eher im Zusammenhang mit dem Gleichgewicht oder der Bewegung des gesamten Körpers verstanden wird, als mit Bewegungsabläufen, die bei ansonsten ruhendem Körper ausgeführt werden.

Untersuchungstechniken

Bearbeiten

Zu den speziellen feinmotorischen Untersuchungstechniken der Motorik zählt die Prüfung der Diadochokinese. Dabei kann es zu Verlangsamung oder Ausfall oder zur Störung der seitengleichen und synchronen Ausführung von antagonistischen Bewegungen (etwa der rechten und linken Hand) kommen.[3] Der deutsche Psychiater Hans-Joachim Haase (1922–1997) hat sich eingehend mit feinmotorischen Studien beschäftigt und infolgedessen einen Handschrifttest entwickelt.[4](a) [5](a) Dies geschah wegen sehr unterschiedlicher individueller Dispositionen zu erwünschten und unerwünschten Wirkungen bei der Behandlung von Patienten mit Psychopharmaka, speziell mit Neuroleptika. Das individuelle Ansprechen auf diese Mittel bzw. die Bereitschaft, mit prinzipiell unerwünschten Nebenwirkungen auf die Verabreichung von Neuroleptika zu reagieren, schwankt um das 1- bis 15fache einer bestimmten Mindestdosis, die überhaupt Reaktionen hervorruft.[5](b) [4](b) Es ergab sich daher die Notwendigkeit, diese Mittel einschleichend zu dosieren, d. h. in langsam ansteigender Dosierung zu verabreichen. Auf diese Weise sollten Überdosierungen und insbesondere irreversible Langzeitnebenwirkungen vermieden werden. Haase und mit ihm andere Autoren behaupteten, dass die antipsychotische und feinmotorisch leichtgradig einschränkende Wirkung (Hypokinesie) von Neuroleptika miteinander notwendigerweise korrelieren.[4](c) Dies wurde jedoch schon immer als zweifelhaft angesehen.[6] Rudolf Degkwitz (1920–1990) äußert Bedenken, die antipsychotische Wirksamkeit der Medikamente auf deren extrapyramidal-motorische Komponente zu verengen, was dem Begriff der Neurolepsie widerspreche.[5](c) Zweifel erschienen in besonderer Weise angebracht, nachdem sogenannte atypische Neuroleptika entwickelt worden waren, die nur geringe extrapyramidale Nebenwirkungen zeigten. Dennoch ist die vorsichtige Dosierung zur Vermeidung von Spätdyskinesien allgemein anerkannt.[5](d)

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Fritz Broser: Topische und klinische Diagnostik neurologischer Krankheiten. 2. Auflage, U&S, München 1981, ISBN 3-541-06572-9; S. 134 ff. zu Stw. „Prädilektionshaltung“.
  2. Feinmotorische Entwicklung bei Kindern online
  3. Karl F. Masuhr: Neurologie. Hippokrates Stuttgart 1989, ISBN 3-7773-0840-4; S. 42, 72 zu Stw. „Feinmotorik“.
  4. a b c Hans-Joachim Haase: Therapie mit Psychopharmaka und anderen seelisches Befinden beeinflussenden Medikamenten. 4. Auflage, F. K. Schattauer, Stuttgart 1977, ISBN 3-7945-0490-9:
    (a) S. 137 ff. zu Stw. „Handschrifttest“;
    (b) S. 152 zu Stw. „individuelle Disposition“;
    (c) S. 147 zu Stw. „notwendige Korrelation zwischen antipsychotischer Wirkung und feinmotorischer Hypokinesie“.
  5. a b c d Rudolf Degkwitz: Leitfaden der Psychopharmakologie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1967:
    (a) S. 119 zu Stw. „Handschriftenproben“;
    (b) S. 119 zu Stw. „individuelle Empfindlichkeit“;
    (c) S. 7, 119 zu Stw. „Neurolepsie“;
    (d) S. 119 zu Stw. „Vermeiden von Spätschäden“.
  6. Otto Heinrich Arnold: Wien. med. Wschr. 110, 250 (1960).