Erich Stenger (* 5. August 1878 in Aschaffenburg; † 14. September 1957 in Sanremo) war ein deutscher Fotochemiker, Sammler und als Historiker und Theoretiker der Fotografie aktiv.

Erich Stenger, 1927, Foto: Otto Croy, Archiv Museum Ludwig, Köln

Stenger studierte von 1897 bis 1899 Chemie in München, danach bis zu seiner Promotion mit der Dissertationsschrift Ueber eine neue Synthese unsymmetrisch substituirter Pyrrole […] 1903 in Kiel. Während seines Studiums wurde er Mitglied des AGV München.[1] Ab 1904 arbeitete er für drei Semester als technischer Assistent bei Heinrich Precht (1852–1925) an der Technischen Hochschule Hannover, von 1905 bis 1906 war er Assistent bei Adolf Miethe an der Technischen Hochschule Charlottenburg und habilitierte dort 1919 mit einer Arbeit über angewandte Fotochemie. 1919 bis 1922 war er Privatdozent. Er war Erfinder der Dunkelkammerlampe mit Flüssigkeitsfiltern (1905) und des Fotographischen Kopierverfahrens durch chemische Abstufung (1922).[2] Ab 1922 war er nichtplanmäßiger außerordentlicher Professor und Leiter des Institut für Angewandte Photochemie an der Technischen Hochschule Berlin. Er war ab 1928 in Berlin weiterhin als Bibliotheksrat und Leiter der Dokumenten- und Porträtsammlung an der Preußischen Staatsbibliothek tätig.

Von Kindheit an sammelte Stenger; erst Liebigbilder und Briefmarken und ab 1906 bis zu seinem Lebensende Fotografien und Zeugnisse aus der Kulturgeschichte der Fotografie. Seine Fotosammlung galt später als die größte private Fotosammlung weltweit[3] und wurde zur Grundlage zahlreicher Publikationen und Ausstellungen, darunter das Buch Erich Stenger: Die Photographie in Kultur und Technik. Ihre Geschichte während hundert Jahren (Leipzig 1938, Neudruck Stuttgart 1992).[4]

1955 verkaufte Stenger seine Fotosammlung an Agfa, da das Unternehmen bestrebt war, ein Museum für Fotografie zu eröffnen. Heute ist die Fotosammlung Stengers Teil der Sammlung Fotografie am Museum Ludwig in Köln. 2014 widmete ihr das Museum Ludwig die Ausstellung Das Museum der Fotografie. Eine Revision (28.6.–16.11.2014).[5] Die Sammlung ist zu großen Teilen online in der Datenbank des Museum Ludwig einsehbar.

Stenger hat sich auch mit Aschaffenburger Heimatgeschichte beschäftigt und besaß die größte zeitgenössische Sammlung von Erzeugnissen der Steingutfabrik zu Damm; die Sammlung fiel dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer. Ferner war er ein bekannter Philatelist.

Ehrungen

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Als Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Photographie wurde er zu ihrem ersten Ehrenmitglied ernannt.

Von 1978 bis 2010 vergab die Deutsche Gesellschaft für Photographie den nach ihm benannten Erich-Stenger-Preis, danach wurde dieser in DGPh-Forschungspreis für Photographiegeschichte umbenannt.[7]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Ueber eine neue Synthese unsymmetrisch substituirter Pyrrole; 2. Ueber Acetonoxaminsäure. Universität Kiel, Dissertation vom 23. Mai 1903, OCLC 792739621.
  • Daguerres Diorama in Berlin. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Berlin 1925, urn:nbn:de:bsz:14-db-id17528192842
  • Phelloplastik, die Kleinkunst der Korkbildnerei. Charlottenburg 1927.
  • Die Photographie in Kultur und Technik. Ihre Geschichte während hundert Jahren. Seemann, Leipzig 1938, urn:nbn:de:bsz:14-db-id17612384503, (Nachdruck Stuttgart 1992).
    • Später unter dem Titel: Siegeszug der Photographie in Kultur, Wissenschaft, Technik. Heering 1950.
  • 100 Jahre Photographie und die Agfa 1839–1939. Knorr & Hirth München 1939, urn:nbn:de:bsz:14-db-id17667189493
  • Die Photographie in München 1839–1860. Union Deutsche Verlagsgesellschaft Roth, Berlin 1939 (Nachdruck Kissing 1978).
  • Die beginnende Photographie im Spiegel von Tageszeitungen und Tagebüchern. Ein Beitrag zum 100jährigen Bestehen der Lichtbildnerei 1839–1939. Konrad Triltsch, Würzburg 1940, urn:nbn:de:bsz:14-db-id17720365603
  • Die Geschichte der Kleinbildkamera bis zur Leica. Umschau-Verlag, Frankfurt 1949.
  • Die Steingutfabrik Damm bei Aschaffenburg 1827–1884. Pattloch, Aschaffenburg 1949.
  • Die ersten fotografischen Bildbände. In: Das deutsche Lichtbild. Jahresschau 1955, S. 43–50.

Literatur

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  • Rolf SachsseStenger, Erich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 249 (Digitalisat).
  • Cornelia Kemp: Das hundertjährige Jubiläum der Fotografie und das Deutsche Museum. Ein Balanceakt zwischen wissenschaftlichem Anspruch und NS-Propaganda ?, in: Helmut Trischler, Stefan L. Wolff u. Elisabeth Vaupel (Hg.), Das Deutsche Museum im Nationalsozialismus. Eine Bestandsaufnahme, Göttingen: Wallstein 2019, S. 412–448.
  • Deutsches Biographisches Archiv II 1262, 304–311, s. WBIS
  • Miriam Halwani (Hrsg.): Photographien führen wir nicht ... Erinnerungen des Sammlers Erich Stenger (1878–1957). Anlässlich der Ausstellung "Das Museum der Fotografie: eine Revision" im Museum Ludwig Köln (28.6.–5.10.2014). Kehrer, Heidelberg / Berlin 2014, ISBN 978-3-86828-578-9.
  • Wolfgang Maaßen (Hrsg.): Erich Stenger: Lebenserinnerungen eines Sammlers. Biografische Studien. Phil Creativ, Schwalmtal 2006, ISBN 3-932198-70-0.
  • Wolfgang Maaßen (Hrsg.): Wer ist wer in der Philatelie? Ein Lexikon namhafter Philatelisten des 19./20. Jahrhunderts. Phil Creativ, Schwalmtal 1999, ISBN 3-932198-32-8, S. 203.
  • Wolfgang Maassen: Wer ist wer in der Philatelie?, Band 5, S, Phil Creativ, Schwalmtal, 3. Auflage, 2023, ISBN 978-3-928277-46-4, S. 250–252
  • Bodo von Dewitz: ‚Viel Arbeit bleibt da noch zu tun!‘ Erich Stenger und seine Sammlung zur Kulturgeschichte der Photographie. In: Kölner Museums-Bulletin, 1/97, S. 14–25.
  • Fritz Kempe: Fox Talbots „Sun Pictures in Scotland“ für zehn Mark – Vor 100 Jahren wurde Erich Stenger geboren. In: MFM. Moderne Fototechnik. Bd. 26 (1978), Heft 8, S. 355f.
  • Horst Hille: Pioniere der Philatelie. Phil Creativ, Schwalmtal 1995, ISBN 3-928277-17-0, S. 102–106.
  • Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 1950, 7. Ausg. 1950.
  • Degeners Wer ist's? 10. Ausg., 1935.
  • Poggendorff's Biographisch-literarisches Handwörterbuch, 1925–1926, Bd. V; 1936–1939, Bd. VI: 1923–1931.
  • Robert Volz: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Band 2: L–Z. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1931, DNB 453960294.
  • Albert Herrmann: Gräber berühmter und im öffentlichen Leben bekanntgewordener Personen auf den Wiesbadener Friedhöfen. 1928.
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Einzelnachweise

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  1. Verband Alter SVer (VASV): Anschriftenbuch. Mitgliederverzeichnis sämtlicher Alten Herren. Stand vom 1. Oktober 1937. Hannover 1937, S. 185.
  2. Patent DE382975: Verfahren zur Hervorrufung von Bildern. Angemeldet am 14. Juli 1922, veröffentlicht am 9. Oktober 1923, Anmelder: Erich Stenger, Fred Herz.
  3. Beaumont Newhall: The late Erich Stenger. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. September 2011; abgerufen am 6. Februar 2019.
  4. Miriam Halwani: Geschichte der Fotogeschichte. Berlin 2012.
  5. Das Museum der Fotografie. Eine Revision. Museum Ludwig, abgerufen am 29. März 2019.
  6. a b Wolfgang Maassen (Hrsg.): Wer ist wer in der Philatelie? Ein Lexikon namhafter Philatelisten des 19./20. Jahrhunderts. Phil Creativ, Schwalmtal 1999, ISBN 3-932198-32-8, S. 203.
  7. DGPh - Forschungspreis Photographiegeschichte.