Doppelirrtum

Begriff im Strafrecht

Als Doppelirrtum wird im Strafrecht eine Konstellation bezeichnet, bei der der Täter nicht nur irrtümlich vom Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes ausgeht, sondern auch über die Reichweite des Rechtfertigungsgrundes irrt.

Beispiel

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Nach ehelichem Streit geht der Ehemann A in den Keller. Nachdem A wieder kommt, geht die Ehefrau B irrtümlich davon aus, dass A dort eine Axt geholt hat (was tatsächlich nicht der Realität entspricht), um sie zu erschlagen. Beim Öffnen der Tür schießt B in vermeintlicher Notwehr dem A direkt ins Herz, ohne dies vorher anzudrohen. Sie glaubte, zum sofortigen Todesschuss berechtigt zu sein.

Rechtliche Behandlung

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Ein Doppelirrtum wird im Ergebnis nach den Regeln des Verbotsirrtums behandelt.[1] Da die Rechtsordnung selbst bei einem wirklichen Angriff (hypothetische Notwehrprüfung) sofortige, tödliche Schüsse (hier im Beispiel mangels Erforderlichkeit) nicht gestatten würde, kann der irrende Täter im Ergebnis nicht besser stehen, als er bei Richtigkeit seiner Vorstellung stünde. Der Täter hätte in diesem Falle ohnehin nach den anerkannten Rechtfertigungsgründen so nicht handeln dürfen, da die Rechtsordnung kein derartiges Notwehrrecht kennt, weshalb er durch den Irrtum nicht privilegiert werden kann.[2]

Terminologie

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Der Terminus Doppelirrtum ist bedenklich. Die hypothetische Notwehrprüfung ergibt in solchen Fällen bereits, dass schon gar kein Erlaubnistatbestandsirrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB vorliegt, denn selbst bei Richtigkeit der Tätervorstellung, dass also im Beispielsfall tatsächlich ein Angriff mit der Axt vorläge, wäre die Tat nicht gerechtfertigt. Demnach liegt lediglich ein Erlaubnisirrtum im Sinne von § 17 StGB, das heißt ein Irrtum über die Grenzen eines Rechtfertigungsgrundes vor und nicht ein doppelter Irrtum.

Einzelnachweise

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  1. Johannes Wessels, Werner Beulke: Strafrecht Allgemeiner Teil. 37. Auflage. C.F. Müller Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-8114-9220-2, Rn. 485ff.
  2. Fritjof Haft JuS 80, 430, 588.