Cauchyscher Hauptwert

Wert, den man gewissen divergenten Integralen über ein endliches Intervall zuordnen kann

Als cauchyschen Hauptwert (nach Augustin-Louis Cauchy) bezeichnet man im mathematischen Teilgebiet der Analysis den Wert, den man einem divergenten Integral zuordnen kann, wenn sich divergente Teile verschiedenen Vorzeichens gegenseitig aufheben.

Definition

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Es gibt zwei unterschiedliche Fälle, in denen man von einem cauchyschen Hauptwert spricht:

  • Seien   und  . Die Funktion   sei auf allen Intervallen der Form   und   mit   Riemann-integrierbar. Existiert dann der Grenzwert
 
so nennt man ihn den cauchyschen Hauptwert von   und schreibt dafür  .[1]
  • Sei   eine Funktion, die auf jedem Intervall   Riemann-integrierbar ist. Existiert der Grenzwert
 
so heißt er cauchyscher Hauptwert von   und man schreibt dafür  .[2]

Es ist auch gebräuchlich, „v.p.“ (aus dem Franz. valeur principale) oder „p.v.“ (aus dem Engl. principal value) anstatt „CH“ zu schreiben.[3]

Beziehung zwischen cauchyschem Hauptwert und uneigentlichem Integral

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Existiert ein Integral über   im uneigentlichen Sinn, so existiert auch immer der cauchysche Hauptwert (nach der zweiten Definition) und diese beiden Werte stimmen überein. Aus der Existenz des cauchyschen Hauptwertes folgt hingegen noch nicht die Existenz des uneigentlichen Integrals.[4]

Beispiel (CH 1/x)

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Cauchyscher Hauptwert – Beispiel

Es wird das Integral   untersucht. Der Integrand   ist bei   (ein innerer Punkt des Integrationsbereichs  ) nicht definiert. Damit ist dieses Integral uneigentlich in  . Die Aufteilung des Integrationsbereichs in   und   führt auf die uneigentlichen Integrale

 

die beide divergieren. Dieses Integral existiert also nicht als uneigentliches Riemann-Integral, der cauchysche Hauptwert beträgt jedoch  :

 

Dabei wurde im zweiten Schritt benutzt, dass   eine Stammfunktion von   auf jedem Intervall   und   eine Stammfunktion von   auf jedem Intervall   ist (siehe Tabelle von Ableitungs- und Stammfunktionen).

Der Cauchy-Hauptwert ermöglicht es also, einem Integral, das weder im riemannschen Sinn noch im lebesgueschen Sinn existiert, einen Wert zuzuordnen.

Wenn   auf der reellen Achse stetig und nur auf einem beschränkten Intervall von null verschieden ist, existiert also insbesondere der Ausdruck  . Das heißt, dass   wie die Delta-Distribution auch als Distribution verstanden werden kann.

Substitution i. Allg. nicht erlaubt

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Der Hauptwert eines Integrals bleibt jedoch im Allgemeinen nicht unter Substitution invariant. Wenn man etwa die Funktion   durch   für   und   für   definiert, so gilt zwar nach der Substitutionsregel

 

wann immer   oder   gilt. Für   ist jedoch der Hauptwert des linken Integrals eine endliche Zahl, der Hauptwert des rechten Integrals ist aber  :

 
 
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Einzelnachweise

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  1. Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis II. 2. Auflage. Birkhäuser, Basel 2006, ISBN 3-7643-7105-6, S. 100.
  2. Eberhard Freitag, Rolf Busam: Funktionentheorie. Springer-Verlag, Berlin, ISBN 3-540-67641-4, S. 177.
  3. Cauchyscher Hauptwert. In: Guido Walz (Hrsg.): Lexikon der Mathematik. 1. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Mannheim/Heidelberg 2000, ISBN 3-8274-0439-8.
  4. Eberhard Freitag, Rolf Busam: Funktionentheorie. Springer-Verlag, Berlin, ISBN 3-540-67641-4, S. 177–178.