Bose-Einstein-Statistik

wissenschaftliche Theorie

Die Bose-Einstein-Statistik oder auch Bose-Einstein-Verteilung, benannt nach Satyendranath Bose (1894–1974) und Albert Einstein (1879–1955), ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung in der Quantenstatistik (dort auch die Herleitung). Sie beschreibt die mittlere Besetzungszahl eines Quantenzustands der Energie  im thermodynamischen Gleichgewicht bei der absoluten Temperatur für identische Bosonen als besetzende Teilchen.

Besetzungszahl als Funktion der Energie
für Bosonen (Bose-Einstein-Statistik, obere Kurve)
bzw. Fermionen (Fermi-Dirac-Statistik, untere Kurve),
jeweils im Spezialfall der Wechselwirkungsfreiheit und bei konstanter Temperatur .
Das chemische Potential ist ein Parameter, der von Temperatur und Dichte abhängt;
im Bose-Fall ist es immer kleiner als die Energie und würde im Grenzfall der Bose-Einstein-Kondensation verschwinden;
im Fermi-Fall dagegen ist es positiv, bei entspricht es der Fermi-Energie.

Analog existiert für Fermionen die Fermi-Dirac-Statistik, die ebenso wie die Bose-Einstein-Statistik im Grenzfall großer Energie in die Boltzmann-Statistik übergeht.

Kernpunkt der Bose-Einstein-Statistik ist, dass bei gleichzeitiger Vertauschung aller vier Variablen zweier Bosonen ( und : Ortsvariable; : Spinvariable) die Wellenfunktion bzw. der Zustandsvektor eines Vielteilchensystems nicht das Vorzeichen wechselt , während es in der Fermi-Dirac-Statistik sehr wohl wechselt . Im Gegensatz zu Fermionen können deshalb mehrere Bosonen im gleichen Ein-Teilchen-Zustand sein, also die gleichen Quantenzahlen haben.

Bei Wechselwirkungsfreiheit

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Bei Wechselwirkungsfreiheit (Bosegas) ergibt sich für Bosonen die folgende Formel:

 

mit

  • dem chemischen Potential  , welches für Bosonen stets kleiner als der niedrigste mögliche Energiewert ist:  ;
    daher ist die Bose-Einstein-Statistik nur für Energiewerte   definiert.
  • der Energienormierung  . Die Wahl von   hängt von der verwendeten Temperaturskala ab:
    • üblicherweise wird sie gewählt zu   mit der Boltzmann-Konstanten  ;
    • sie beträgt  , wenn die Temperatur in Energieeinheiten, etwa Joule, gemessen wird; dies geschieht, wenn   auch in der Definition der Entropie – welche dann einheitenlos ist – nicht auftaucht.

Unterhalb einer sehr tiefen kritischen Temperatur   erhält man bei Wechselwirkungsfreiheit – unter der Annahme, dass   gegen das Energie-Minimum strebt – die Bose-Einstein-Kondensation.

Man beachte, dass es sich bei   um die Besetzungszahl eines Quantenzustandes handelt. Benötigt man die Besetzungszahl eines entarteten Energieniveaus, so ist obiger Ausdruck zusätzlich mit dem entsprechenden Entartungsgrad   zu multiplizieren ( : Spin, bei Bosonen immer ganzzahlig), vgl. auch Multiplizität.

Herleitung aus einem Minimum der freien Energie

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Aus der Bedingung, dass im thermischen Gleichgewicht (bei konstanter Temperatur  , Teilchenzahl   und Volumen  ) die freie Energie

 

ein Minimum annimmt, kann die Bose-Einstein-Statistik mit wenigen Annahmen hergeleitet werden. Es sei   die Gesamtzahl aller Bosonen und   die Anzahl Bosonen im Energieniveau   mit  , d. h. die   Bosonen seien über die Energieniveaus   verteilt.   sei die Anzahl der möglichen Zustände im Energieniveau  , d. h. die Energieniveaus   seien jeweils   -fach entartet. Für den Makrozustand des Systems ist es unerheblich, welche der   Bosonen sich im  -ten Energieniveau befinden und welche der   Zustände sie darin besetzen. Der Makrozustand wird daher vollständig durch   bestimmt.

Für eine beliebige Verteilung der Bosonen auf die Energieniveaus gilt:

 

Gleichung (2) gibt die Gesamtzahl der Bosonen wieder, die konstant gehalten werden soll, während die einzelnen   variiert werden, um das Minimum von   zu erreichen. Gleichung (3) gibt die zur vorliegenden Verteilung gehörende Energie   des Systems an. Gleichung (4) ist (nach Ludwig Boltzmann) die Entropie des Zustands des Systems (Makrozustand), wobei   die Wahrscheinlichkeit für die Besetzungszahlen   angibt, d. h. die Anzahl der möglichen Verteilungen (Mikrozustände) von jeweils   Bosonen auf die Plätze   für alle Energieniveaus  . Aus Gleichung (4) folgt damit:

 

Dabei gibt der Binomialkoeffizient

 

die Anzahl der Möglichkeiten an, dass   Teilchen ohne Beachtung der Reihenfolge das  -fach entartete Energieniveau   zu besetzen (Kombination mit Wiederholung von   Teilchen).

Mit Hilfe der beiden ersten dominierenden Glieder der Stirling-Reihe (  für  ) und   ergibt sich weiter

 

Um die Verteilung zu finden, bei der die freie Energie   unter der Nebenbedingung  , aber   variabel, minimal wird, kann die Methode der Lagrange-Multiplikatoren benutzt werden:

  für  

Darin ist   der (von   unabhängige) Lagrange-Multiplikator. Hierbei gilt für die partiellen Ableitungen   und  , da jedes   genau einmal linear in der Summe von Gleichung (2) bzw. (3) vorkommt. Da   nur Variable von  , aber nicht von   mit   ist, vereinfacht sich die Summe von Gleichung (5) durch die partielle Ableitung nach   wie folgt:  .

Damit ergibt sich aus Gleichung (1) und (7):

 


Die partielle Ableitung   kann aus Gl. (6) mit   berechnet werden:

 

Damit ergibt sich aus Gleichung (8)

 .

Einsetzen der durch   gegebenen Besetzungswahrscheinlichkeit   und Umstellung ergibt

 .

Dies ist die Bose-Einstein-Statistik. Der Lagrange-Multiplikator erweist sich als ihr chemisches Potential  .

Literatur

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  • U. Krey, A. Owen: Basic Theoretical Physics – a Concise Overview. Springer, Berlin//Heidelberg/New York 2007, ISBN 978-3-540-36804-5 (auf Englisch).
  • L. D. Landau, E. M. Lifschitz: Statistische Physik. Verlag Harri Deutsch (ehem. Akademie Verlag), Berlin 1987 (verwendet unübliche Temperatureinheit).

Einzelnachweise

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  • Walter Greiner, Ludwig Neise, Horst Stöcker: Thermodynamics and Statistical Mechanics. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1997, ISBN 0-387-94299-8 (englisch). insbes. S. 310–313
  • Marcelo Alonso, Edward J. Finn: Fundamental University Physics, Vol. III, Quantum and Statistical Physics. Addison-Wesley Publishing Company, Massachusetts 1968 (englisch).QRSTUV-DA-89876; insbes. Kap. 13.2, S. 519; Kap. 13.5, S. 529

Siehe auch

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