Die Bezeichnung astronomischer Turm oder mathematischer Turm wurde früher als Synonym für Sternwarten verwendet, wenn sie die Höhe mehrerer Stockwerke erreichten. Diese meist zwischen 15 und 30 Meter hohen Bauwerke waren nicht nur ein Ort für astronomische Beobachtungen, sondern auch eine Art Statussymbol. In manchen waren zusätzlich wissenschaftliche Museen oder Bibliotheken untergebracht, bisweilen auch die ab dem 17. Jahrhundert zunehmend beliebten physikalischen Wunderkammern.

Geschichte

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Schon in der frühen Antike gab es Tempel oder andere repräsentative Bauten, deren Obergeschoss für Hof- oder Priesterastronomen als Beobachtungsplattform dienten. Beispiele sind einige babylonische Zikkurate, mittelamerikanische Stufentempel und wahrscheinlich auch der Turm von Babel. In Griechenland diente vermutlich der 13 m hohe, achteckige Turm der Winde (Athen) als Sternwarte, den der Astronom Andronikos von Kyrrhos im 1. Jahrhundert v. Chr. errichtete.

Blütezeit des Islam

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Nicht genau bekannt ist die Bauart der Sternwarten, die in der kulturellen Hochblüte von Arabien über Persien bis zu den Mongolen benützt wurden. Wahrscheinlich hatten auch sie stabile Plattformen auf Beobachtungstürmen, worauf die Genauigkeit der Mauerquadranten und anderer Messungen sowie der Ekliptikschiefe hindeutet. Wichtige Standorte des 9. bis 13. Jahrhunderts waren u. a. Bagdad, Alexandria, Schiras oder Samarkand (siehe Großer Sextant von Ulug Begs Observatorium 1425), und in Spanien die Sternwarte Alfons X. in Toledo um 1250.

Europa der Neuzeit

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In anderen Teilen Europas sind derartige Bauten mit antiken und arabischen Einflüssen erst ab dem späten Mittelalter entstanden, unter anderem im 14. Jahrhundert der Turm des Heinrich von Langenstein am Herzogskolleg in Wien.

Zum Vorbild vieler späterer Turmsternwarten dienten aber vor allem:

  • der Turm der Winde im Vatikan, die 73 m hohe Beobachtungs-Plattform der ersten Vatikansternwarte. Sie wurde 1578–1580 dem heute für die Vatikanische Bibliothek dienenden 4-stöckigen Trakt aufgesetzt und nach dem Athener Vorbild benannt;
  • der mathematische Turm der Sternwarte Kremsmünster von 1749. Der 50 Meter hohe, vom Benediktinerstift Kremsmünster errichtete Bau gilt als das erste Hochhaus der Welt. Er diente bis ins frühe 20. Jahrhundert als Sternwarte und bis heute als Wetterstation mit der längsten Datenreihe. In den unteren Geschossen des Turms wurden Kunstsammlungen und verschiedene Museen untergebracht. Alle vier Aspekte zeigen die Aufgeschlossenheit der Benediktiner gegenüber neuen Entwicklungen in Wissenschaft und Kunst;[1]
  • der Turm des Clementinums der Jesuiten in Prag (um 1700). Es wurde zum Vorbild einiger früher Universitätssternwarten.

Ab etwa 1600 wurden ähnliche Türme für viele Sternwarten von Universitäten, Klöstern und Bauwerke des Adels errichtet. Solche Bauten sind unter anderem:

Bildergalerie

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Literatur

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  • Günter D. Roth: Kosmos Astronomie-Geschichte: Astronomen, Instrumente, Entdeckungen. Kosmos-Verlag, Stuttgart 1987.
  • W. Foerster: Weltall und Menschheit Band III. Berlin/Leipzig/Wien 1902, Kap. zur Astronomie-Geschichte, S. 82–150.
  • Otto Wutzel: 1200 Jahre Kremsmünster. Oberösterreichische Landesregierung, Linz 1977, Zur Geschichte der Sternwarte, S. 214 ff.

Einzelnachweise

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  1. Walter Demel: Europäische Geschichte des 18. Jahrhunderts, S. 150, Kohlhammer 2000.
  2. Karl Bauer: Regensburg Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte. MZ-Buchverlag in H. Gietl Verlag & Publikationsservice GmbH, Regenstauf 2014, ISBN 978-3-86646-300-4, S. 632.