Öffentliche Aufgaben

Tätigkeitsbereiche im Interesse der Allgemeinheit

Öffentliche Aufgaben sind Tätigkeitsbereiche insbesondere von Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die im Interesse der Allgemeinheit oder des Gemeinwohls erfüllt werden.

Allgemeines

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Der Begriff „öffentliche Aufgaben“ stammt von Hans Peters,[1] der in der Erfüllung dieser Aufgaben ein maßgebliches Interesse der Öffentlichkeit sah. „Öffentliche Aufgaben“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der durch die Rechtswissenschaft und Rechtsprechung auszufüllen ist. Von den drei Bedeutungen des Rechtsbegriffs „öffentlich“ gilt in diesem Zusammenhang die Sichtweise für nicht-private Institutionen, denen bestimmte staatliche Aufgaben zugewiesen werden.[2] Öffentliche Aufgaben stellen eine Konkretisierung konstitutioneller Staatsziele dar wie sie sich etwa aus den Artikeln Art. 20, Art. 20a, Art. 73, Art. 74, Art. 87, Art. 87a, Art. 87d, Art. 87e, Art. 87f GG ergeben.[3] Mit öffentlichen Aufgaben sind nach dem Urteil des BVerfG vom Dezember 1974 „die Aufgaben gemeint, an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht, die aber so geartet sind, dass sie weder im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinn staatlichen Aufgaben zählen, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muss.“[4]

Umfang und Institutionen

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Kernstück der öffentlichen Aufgaben ist die kommunale Daseinsvorsorge. In Anlehnung an den französischen Begriff der „services publics“ wird in Art. 106 Abs. 2 AEUV von „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ gesprochen. Diese werden definiert als „marktbezogene Tätigkeiten, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht und daher von den Mitgliedstaaten mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden.“ Vertraglich verankert wurde die Daseinsvorsorge auf europäischer Ebene mit dem Vertrag von Lissabon in den in Art. 14 AEUV geregelten „Diensten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“.

Nach § 2 GemO NRW sind die Gemeinden in ihrem Gebiet ausschließliche und eigenverantwortliche Träger der öffentlichen Verwaltung. Deshalb sind sie berechtigt und verpflichtet, in ihrem Gebiet sämtliche öffentlichen Aufgaben wahrzunehmen. Auch alle anderen Gebietskörperschaften wie Landkreise oder Gemeindeverbände nehmen öffentliche Aufgaben wahr. Auch Anstalten (AöR) und Körperschaften des öffentlichen Rechts (KöR) sind zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben verpflichtet. Es liegt nämlich im Ermessen des Staates, bei öffentlichen Aufgaben zu entscheiden, „welche dieser Aufgaben der Staat nicht durch seine Behörden, sondern durch eigens gegründete öffentlich-rechtliche Anstalten oder Körperschaften erfüllt“.[5] Daher erfüllen auch öffentliche Rundfunkanstalten als AöR eine öffentliche Aufgabe, die in der Darbietung von Rundfunksendungen liegt.[6] Die Veranstaltung von Rundfunksendungen ist nach der deutschen Rechtsentwicklung eine öffentliche Aufgabe.[7] Sparkassen als AöR übernehmen ebenfalls öffentliche Aufgaben, die jedoch hier als öffentlicher Auftrag bezeichnet werden. Auch Industrie- und Handelskammern (KöR) nehmen öffentliche Aufgaben wahr.[8]

Im Mai 2009 dehnte das BVerfG den Adressatenkreis für öffentliche Aufgaben auch auf privatrechtlich organisierte Gesellschaften aus. „Dieser zunächst für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgesprochene Grundsatz beansprucht seiner Begründung nach gleichfalls für der Form nach juristische Personen des Privatrechts Geltung, wenn diese sich überwiegend im Eigentum der öffentlichen Hand befinden“.[9] Bei der Einschätzung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt dem Staat ein weites Ermessen zu.[8] „Wie der Staat öffentliche Aufgaben erledigen lassen will, ist im allgemeinen Sache seines freien Ermessens, freilich bis zu einem gewissen Grade auch von Eigenart und Gewicht der einzelnen Aufgabe abhängig. Es besteht hier eine breite Skala von Möglichkeiten, die vom freien Beruf mit öffentlich-rechtlichen Auflagen bis zu Berufen reicht, die gänzlich in die unmittelbare Staatsorganisation einbezogen sind, also ‚öffentlichen Dienst’ im eigentlichen Sinne darstellen.“[10]

Kategorien öffentlicher Aufgaben

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Eine Untergliederung der öffentlichen Aufgaben erfolgt vielfach nach den Inhalten bzw. ihrer Zielsetzung. Hauptkategorien öffentlicher Aufgaben bilden[11]:

  • Aufgaben, die die Beziehungen zwischen den souveränen Aufgabenträgern (insbesondere Staaten) betreffen (z. B. äußere Sicherheit, internationale Beziehungen),
  • Aufgaben, die die Beziehungen innerhalb des Aufgabenträgers und der Gesellschaftsmitglieder untereinander ordnen (innere Sicherheit und Ordnung),
  • Aufgaben, die die Handlungsfähigkeit des politisch-administrativen Systems des souveränen Aufgabenträgers gewährleisten (z. B. Steuererhebung, Durchführung von Wahlen),
  • Aufgaben, die die Daseinsvorsorge der Gesellschaftsmitglieder betreffen (z. B. Betrieb von Schulen, Sozialversicherungssysteme),
  • Aufgaben, die auf eine Steuerung der gesellschaftlichen Entwicklung und ihrer natürlichen Rahmenbedingungen auf bestimmte Ziele hin ausgerichtet sind (z. B. Integrationspolitik, Wirtschaftsförderung, Nachhaltigkeit).

Auf Hans Peters geht auch die Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Erfüllung öffentlicher Aufgaben zurück.[12] Nimmt die Kommune die Aufgaben direkt durch eigene Behörden wahr, handelt es sich um unmittelbare Erfüllung, werden die öffentlichen Aufgaben durch von ihr abhängige Institutionen erfüllt, liegt eine mittelbare Erfüllung öffentlicher Aufgaben vor.[13]

Ferner wird zwischen Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben unterschieden. Zu den Pflichtaufgaben gehören die unverzichtbaren Bestandteile der Daseinsvorsorge und die durch Gesetz den Gemeinden zugewiesenen übertragenen Aufgaben, nicht lebensnotwendige Tätigkeitsbereiche sind freiwillige Aufgaben. Freiwillige Aufgaben sind in Abgrenzung zu Pflichtaufgaben solche, über die die Verwaltungsträger und Gerichte nicht nur hinsichtlich des „Wie“, sondern auch bezüglich des „Ob“ frei verfügen können. Bei den durch Gesetz den Gemeinden zugewiesenen Aufgaben wird wiederum zwischen „weisungsfreien Pflichtaufgaben“ und „weisungsgebundenen Pflichtaufgaben“ unterschieden.

Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zielt darauf ab, der Befriedigung kollektiver Bedürfnisse zu dienen, wobei es gleichgültig ist, welcher Organisations- oder Handlungsform sich ein öffentlicher Verwaltungsträger bedient.[14] Die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben liegt im öffentlichen Interesse,[15] denn öffentliche Aufgaben sind Aktivitäten, die im Interesse der Allgemeinheit oder des Gemeinwohls erfüllt werden.[16] Öffentliche Aufgaben umfassen auch unwirtschaftliche Tätigkeitsgebiete, die nicht oder nur unzulänglich im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden könnten. Es bedarf daher hoheitlicher Tätigkeit, um diese Aufgaben durchzusetzen.

Einzelnachweise

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  1. Hans Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: R. Diez/H. Hübner, Festschrift für Hans Carl Nipperdey, Band II, 1965, S. 878
  2. Michael Eßig/Matthias Witt, Öffentliche Logistik, 2008, S. 16 ff.
  3. Michael Eßig/Matthias Witt, Öffentliche Logistik, 2008, S. 17
  4. BVerfGE 38, 281, 299
  5. BVerfGE 38, 281, 299
  6. BVerfG, Urteil vom 27. Juli 1971, BVerfGE 31, 314
  7. BVerfGE 12, 205, 205
  8. a b BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010, Az.: 8 C 20.09
  9. BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2009, Az.: 1 BvR 1731/05
  10. BVerfGE 17, 371, 377
  11. Manfred Rehbinden, Rechtssoziologie, 7. Auflage, München 2009
  12. Dirk Ehlers/Walter Krebs, Grundfragen des Verwaltungsrechts und des Kommunalrechts, 2000, S. 87
  13. Hans Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: R. Diez/H. Hübner, Festschrift für Hans Carl Nipperdey, Band II, 1965, S. 879
  14. Michael Mroß, Betriebswirtschaft im öffentlichen Sektor, 2015, S. 11
  15. BVerfGE 91, 186, 206
  16. Jörg Bogumil/Werner Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, 2008, S. 65