Schweinslippfische

Unterfamilie der Familie Lippfische (Labridae)
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Die Schweinslippfische (Hypsigenyinae oder Bodianinae) sind eine Unterfamilie der Lippfische (Labridae). Sie werden von einigen Autoren nur als Tribus (dann Hypseginyini) angesehen, sind dann aber paraphyletisch, da der Tribus der Odacini zu den Hypseginyae gehört. Wegen ihres eindrucksvollen, oft mit vorstehenden Zähnen versehenen Gebisses werden die großschuppigen und großmäuligen Fische auch Zahnlippfische genannt.

Schweinslippfische

Anker-Zahnlippfisch (Choerodon anchorago)

Systematik
Acanthomorphata
Stachelflosser (Acanthopterygii)
Barschverwandte (Percomorphaceae)
Ordnung: Labriformes
Familie: Lippfische (Labridae)
Unterfamilie: Schweinslippfische
Wissenschaftlicher Name
Hypsigenyinae
Günther, 1861

Merkmale

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Schwarzkeil-Schweinslippfisch (Bodianus mesothorax), Jungfisch
 
Schwarzkeil-Schweinslippfisch, adultes Tier
 
Mexikanischer Schweinslippfisch (B. diplotaenia), primäre Adultphase (Weibchen)
 
Mexik. Schweinslippfisch, sekundäre Adultphase (Männchen)

Unter den Schweinslippfischen gibt es kleine Formen die nur eine Standardlänge von 5 Zentimeter erreichen, aber auch große Arten mit Längen von mehr als 80 Zentimeter. Kopf, Rumpf und Schwanzstiel können schlank oder relativ hoch sein. Ein hoher Körper findet sich besonders bei größer werdenden Arten. Der Körper ist in der Regel seitlich leicht abgeflacht. Das Kopfprofil ist zugespitzt oder abgerundet, gerade, gebogen oder weist einen Knick auf. Oft ändert es sich mit dem Wachstum und ausgewachsene, ältere Männchen entwickeln bei einigen Arten einen Stirnbuckel. Die Schuppen sind cycloid und bei vielen Arten relativ groß. In vielen Fällen reichen sie nicht bis zur Basis von Rücken- und Afterflosse; in anderen Fällen formen sie an der Basis dieser Flossen deutliche Schuppenschilde, die eine Höhe von einer bis fünf Schuppenreihen erreichen können. Vor der Rückenflosse sind die Schuppen kleiner oder fehlen. Die oberhalb der Brustflossenbasis beginnende Rückenflosse ist durchgehend. Hart- und Weichstrahlen sind unterschiedlich lang. Die segmentierten Weichstrahlen werden nach hinten immer länger. Die Hartstrahlen von Rücken- und Afterflosse sind steif und tragen eine fleischige Hautfahne an ihrer Spitze. Das Ende von Rücken- und Afterflosse ist abgerundet, zugespitzt oder läuft in einem längeren Filament aus. Die Afterflosse beginnt unterhalb der hinteren Rückenflossenhartstrahlen. Die Brustflossen können kurz oder lang, hinten abgerundet oder gerade sein. Die Bauchflossen sind kurz, lang oder filamentartig ausgezogen. Die Schwanzflosse ist abgerundet, schließt mehr oder weniger gerade ab, ist doppelt eingebuchtet oder mehr oder weniger stark gegabelt mit ausgezogenen Spitzen.[1]

Das vorstreckbare Maul ist endständig und steht horizontal oder schräg. Es endet unter den vorderen Nasenöffnungen, unter dem Zentrum der Augen oder dazwischen. Die Lippen sind schmal bis extrem breit, mehr oder weniger fleischig, gut zu sehen oder an der Mundoberseite von der Kopfhaut bedeckt. Die hintere Falte des Mundwinkels ist nach oben oder unten gekrümmt. Die Augen sind mittelgroß und befinden sich in der Regel etwas oberhalb der Kopfmittellinie. Wie viele andere Fischgruppen haben Zahnlippfische zwei Nasenlöcher pro Kopfseite. Die vorderen sind klein und leicht röhrenförmig ausgezogen, die hinteren sind relativ groß und grubenartig. Jungfische unterscheiden sich in der Regel deutlich von ausgewachsenen Tieren, Männchen und Weibchen sind bei Zahnlippfischen dagegen oft ähnlich oder gleich gefärbt. Gleiche oder ähnlich gefärbte Geschlechter treten vor allem bei klein bleibenden Arten auf, während bei großwüchsigen Arten Weibchen und alte Männchen („Supermännchen“) oft eine deutlich unterschiedliche Färbung aufweisen.[1]

Die Schweinslippfische unterscheiden sich von den anderen Gruppen der Lippfischartigen durch ihre einzigartige Methode des Ersatzes der Schlundkieferzähne. Bei allen anderen Lippfischartigen wachsen die Zähne einzeln in ihren Zahnfächern und kommen einzeln an die Oberfläche der Pharyngealia. Dies gilt als die ursprüngliche Merkmalsausprägung der Lippfischartigen. Bei den Schweinslippfischen wachsen die Zähne stapelweise untereinander und kommen nacheinander an die Oberfläche der Pharyngealia. Dies gilt als Synapomorphie des Taxons und ist eine Anpassung an eine Ernährung bei der benthische, hartschalige Wirbellose, wie Krebse, Muscheln, Schnecken und Seeigel den Hauptbestandteil der Nahrung bilden (Durophagie).[2]

Morphometrie:[1]

Verbreitung und Lebensweise

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Schweinslippfische kommen in allen tropischen Meeren vor, vom Flachwasser bis in Tiefen von 330 Metern. Einige Arten leben auch in gemäßigt temperierten Meeresregionen. Brackwasser vertragen die Fische nicht. Die meisten Arten der Zahnlippfische leben als ausgewachsene Tiere als Einzelgänger und werden nur selten in größeren Gruppen oder Schwärmen gesehen. Wie andere Lippfischarten leben sie in der Regel in der Nähe des Gewässerbodens, in Fels- und Korallenriffen oder halten sich in Regionen mit sandigen Böden in der Nähe von Geröll auf. Alle Arten sind tagaktiv und verstecken sich in der Nacht zwischen Felsen, Steinen oder Korallen. Im Unterschied zu anderen Lippfischen bildet aber keine Art zum Schlafen eine schlafsackähnliche Schleimhülle oder vergräbt sich dazu in den Sand.[1]

Schweinslippfische suchen ihre Nahrung vor allem auf dem Boden oder auf den Festkörpern der Riffe und ernähren sich vor allem von hartschaligen Wirbellosen, in geringerem Maße von weichen Wirbellosen oder von kleinen Fischen. In den Verdauungstrakten finden sich aufgrund dieser Ernährung fast immer kalkhaltige Überreste. Eine andere Ernährungsweise hat der schwarmbildende Kreolen-Lippfisch (Clepticus parrae), der sich vor allem von planktonischen Organismen wie Ruderfußkrebsen, Staatsquallen, Flügelschnecken und planktonischen Larven ernährt. Jungfische der Neuweltarten Bodianus rufus und B. diplotaenia betätigen sich als Putzerfische. Im Indopazifik, wo die Putzerfischrolle vor allem durch die Putzerlippfische (Labrichthyini) wahrgenommen wird, betätigen sich nur junge B. axilaris als Putzerfische.[1]

Fortpflanzung

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Die Verhaltens- und Fortpflanzungsbiologie der meisten Schweinslippfischarten ist bisher nicht erforscht worden. Wahrscheinlich sind die meisten oder fast alle Arten proterogyne Hermaphroditen, das heißt, bei Erreichen der Geschlechtsreife sind sie zunächst Weibchen und wandeln sich nach einiger Zeit zu Männchen um. Nur bei Bodianus eclancheri wurde bisher festgestellt, dass bei Erreichen der Geschlechtsreife gleich das weibliche und männliche Geschlecht ausgebildet wird. Bei dieser Art ist das zahlenmäßige Verhältnis der Geschlechter auch annähernd gleich, während es bei anderen Zahnlippfischarten immer viel mehr Weibchen als Männchen gibt. Mit dem Geschlechtswechsel zum Männchen ändert sich auch die Färbung, an den Flossen entwickeln sich oft ausgezogene Filamente und größere Arten bilden einen Stirnbuckel. Die tropischen Arten vermehren sich wahrscheinlich das ganze Jahr über. Bei einigen Arten, wie dem Spanischen Schweinslippfisch (Bodianus rufus) oder Semicossyphus reticulatus laicht ein einzelnes Männchen mit einem einzelnen Weibchen, die währendes Ablaichens spiralig zur Oberfläche schwimmen und dort Eier und Spermien abgeben. Da die meisten Schweinslippfische solitär leben, wird diese Art der Paarung vielleicht von den meisten Arten durchgeführt. Andere Arten, wie der Kreolen-Lippfisch, laicht dagegen in Schwärmen. Die Eier sind schwimmfähig und planktonisch.[1]

Systematik

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Phylogenetisch sind die Schweinslippfische die Schwestergruppe aller anderen Lippfische einschließlich der Papageifische (Scarinae).[3][4][5] In der klassischen Systematik wurden die phylogenetisch innerhalb der Schweinslippfische stehenden Odacini meist als selbstständige Familie geführt.

 
Harlekin-Lippfisch (Choerodon fasciatus)
 
Clepticus parrae

Gattungen und Arten

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Kladogramm der wahrscheinlichen Verwandtschaftsverhältnisse der Zahnlippfische[5]

 Hypsigenyinae 

Eber-Lippfisch (Lachnolaimus maximus)


   


Terelabrus


   

Achoerodus


   

Meißelzahn-Lippfisch (Pseudodax moluccanus)


   


Polylepion


   

Decodon



   

Bodianus u. Semicossyphus






   

Odacini


   

Choerodon





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Fossilüberlieferung

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Fossil von Phyllopharyngodon longipinnis aus Monte Bolca

Wie genetische Daten zeigen trennten sich die Schweinslippfische schon vor mehr als 50 Millionen Jahren von dem zu den Junkerlippfischen führenden Evolutionspfad.[4] Die älteste Schweinslippfischgattung in der fossilen Überlieferung ist Phyllopharyngodon aus der Fossillagerstätte Monte Bolca in der Nähe der italienischen Stadt Verona. Sie stammt aus dem Eozän.[6] Von da aus verbreiteten sich die Fische über die gesamte Tethys und darüber hinaus und waren im Miozän schon in der Neuen Welt und an den Küsten Neuseelands vertreten.[2]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f Martin F. Gomon: Relationships of Fishes of the Labrid Tribe Hypsigenyini. In: Bulletin of Marine Science. Band 60, Nummer 3, Juli 1997, S. 789–871(83).
  2. a b David R. Bellwood, Ortwin Schultz, Alexandre C. Siqueira, Peter F. Cowman: A review of the fossil record of the Labridae. In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien. Serie A, 121, Januar 2019, (Researchgate; zobodat.at [PDF]).
  3. Vikram B. Baliga, Chris J. Law: Cleaners amongst wrasses: phylogenetics and evolutionary patterns of cleaning behavior within Labridae. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Oktober 2015, doi:10.1016/j.ympev.2015.09.006.
  4. a b Peter F. Cowman, David R. Bellwood, Lynne van Herwerden (2009): Dating the evolutionary origins of the wrasses (Labridae) and the rise of trophic novelty on coral reefs. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. 52: 621–631, doi: 10.1016/j.ympev.2009.05.015.
  5. a b Lily C. Hughes, Chloe M. Nash, William T. White, Mark W. Westneat: Concordance and Discordance in the Phylogenomics of the Wrasses and Parrotfishes (Teleostei: Labridae). Volume 72, Issue 3, Mai 2023, S. 530–543. doi: 10.1093/sysbio/syac072
  6. David R. Bellwood: A new fossil fish Phyllopharyngodon longipinnis gen. et sp. nov. (family Labridae) from the Eocene, Monte Bolca, Italy. In: Studi e ricerche sui giacimenti terziari di Bolca. Band 6, Januar 1990, ISSN 0587-1239, S. 149–160 (Digitalisat).