Infrastruktur

langlebige materielle oder institutionelle Einrichtungen einer Volkswirtschaft
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Als Infrastruktur (von lateinisch inf(e)ra ‚unterhalb‘ und lateinisch structura ‚Zusammenfügung‘) bezeichnet man alle Anlagen, Institutionen, Strukturen, Systeme und nicht-materiellen Gegebenheiten, die der Daseinsvorsorge und der Wirtschaftsstruktur eines Staates oder seiner Regionen dienen.

Etymologie

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Der Begriff tauchte erstmals in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf und bezog sich im Französischen zunächst auf einen Unterbau (französisch infrastructure), auf alle Erdarbeiten zur Urbarmachung der Böden und das Nivellement im Eisenbahnbau.[1] Im Englischen beschrieb infrastructure vor allem die immobilen Bauten und Einrichtungen, die der Mobilisierung und Bereithaltung der Heere dienten.[2][3] Auch die NATO common infrastructure bezeichnete 1961 nach einer offiziellen Definition die „Immobilien und Anlagen der Streitkräfte, die der Durchführung der militärischen Operationspläne der NATO dienten“. Gemeint waren diverse Einrichtungen der militärischen Kommunikation, Logistik und Abschreckung: die Flugstützpunkte, Häfen, Pipelines, Raketenrampen etc.[4]

Bereits mit der Formulierung des NATO Infrastructure Programme im Dezember 1951 (seit 1993 als NATO Security Investment Programme bezeichnet) wurde Infrastruktur ebenso als Synonym für die Fixkosten im Verteidigungshaushalt verwendet – eine Abstraktion und Bedeutungserweiterung, die die Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftswissenschaft dankbar aufgriffen.[4] Neben der personalen Infrastruktur, dem Humankapital, umfasst Infrastruktur alle langlebigen Einrichtungen materieller oder institutioneller Art, die das Funktionieren einer arbeitsteiligen Volkswirtschaft begünstigen. Es wird zwischen materiellen und institutionellen Infrastrukturen unterschieden: Erstere werden von privater Hand geschaffen, letztere vom Staat geplant, erhalten oder gestaltet (Wirtschaftsordnung, Staatsunternehmen und staatliche Investitionen in Infrastruktur).

Allgemeines

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„Infrastruktur ist die Gesamtheit der materiellen und personellen Einrichtungen und Gegebenheiten, die der arbeitsteiligen Wirtschaft zur Verfügung stehen und dazu beitragen, dass gleiche Faktorentgelte für gleiche Faktorleistungen (vollständige Integration) bei zweckmäßiger Ressourcenallokation … gezählt werden“.[5] Die Infrastrukturplanung, Erstellung und Instandhaltung verschiedenster Infrastrukturen wird zum Teil als Aufgabe des Staates oder ihm assoziierter Organe (öffentliche Einrichtungen, öffentliche Unternehmen) im Rahmen der Daseinsvorsorge angesehen. Die Erstellung einer öffentlichen Infrastruktur wird meist durch Steuer­gelder finanziert. Die materielle Infrastruktur, auch als Sozialkapital bezeichnet, umfasst die Gesamtheit aller Anlagen, Ausrüstungen und Betriebsmittel in einer Gesamtwirtschaft, die zur Energieversorgung, Verkehrsleistung, Telekommunikation und zur Aufrechterhaltung der natürlichen Ressourcen und Verkehrswege dienen.[6] Im Zuge der Privatisierung von öffentlichen/staatlichen Betrieben und staatlichen Aufgaben werden insbesondere Erstellung und Instandhaltung der Infrastruktur vermehrt privaten bzw. privatrechtlich organisierten Firmen übertragen. Die Planungs- und Regulierungshoheit bleibt aber weiterhin beim Staat.

Der Begriff Infrastruktur wird inzwischen auch analog zur Kennzeichnung technischer Grundeinrichtungen im privatwirtschaftlichen Bereich, beispielsweise in Unternehmen, verwendet. So können unter anderem verwaltete Straßen, Gebäude und technische Grunddienste, wie Strom oder Kommunikation in Industrieparks oder Büroanlagen auch als Infrastruktur verstanden werden, spezielle Organisationsformen der privatwirtschaftlichen Verwaltung solcher Anlagen bezeichnet man z. B. mit „(On-)Site-“ oder „Facilitymanagement“. In den Unternehmen selbst hat sich in den letzten Jahren auch der Begriff IT-Infrastruktur durchgesetzt.

Im Zusammenhang mit der Systemrelevanz vor allem in Zeiten von Katastrophen und Krisen gerät die Betrachtung von kritischen Infrastrukturen zunehmend in den Vordergrund.

Arten der öffentlichen Infrastruktur

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Technische Infrastruktur

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Soziale Infrastruktur

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Grün-blaue Infrastruktur

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Infrastrukturrecht

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Infrastrukturrecht ist das Recht, das sich mit der staatlichen und kommunalen Infrastruktur und der Gewährleistung flächendeckender Angebote der Daseinsvorsorge beschäftigt (Wasser, Abwasser, Energie, Verkehr, Telekommunikation, Post). Dabei handelt es sich um ein Querschnittsrecht. Das heißt, es gibt keinen Gesetzestext, in dem Infrastrukturrecht zentral geregelt wäre. Bestimmungen des Infrastrukturrechts finden sich daher in:

Im Infrastrukturrecht sind insbesondere folgende Aspekte von Bedeutung:

  • Ausschreibungs­pflicht,
  • Berechtigung zum Erheben von Maut und Gebühr (Beleihung),
  • Durchleitungsentgelte,
  • Erhebung von Erschließungsbeträgen/Erschließungsgebühren,
  • Gebührenhöhe, Mauthöhe,
  • Gemeinsame Nutzung (ggf. Finanzierung) von Infrastruktureinrichtungen,
  • Offener und diskriminierungsfreier Netzzugang,
  • Missbrauch marktbeherrschender Stellung,
  • Privatfinanzierung staatlicher und kommunaler Infrastruktur,
  • Vermeidung von Doppelbelastungen für Nutzer/Bürger.

Die herausragende Bedeutung des Infrastrukturrechts beruht auf der großen Bedeutung staatlicher und kommunaler Infrastruktur.

Nichtstaatliche Infrastrukturinvestitionen

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Infrastrukturinvestitionen sind Kapitalanlagen in Unternehmen, die die Netzwerke und Einrichtungen zur Grundversorgung von Haushalten und Unternehmen besitzen oder betreiben. Diese werden teilweise auch über spezialisierte Infrastrukturfonds getätigt. Investitionen in die Infrastruktur sind häufig Kooperationen zwischen öffentlichem und privatem Sektor im Rahmen einer Öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP). Nichtstaatliche Investoren erwerben das Eigentum an einer Infrastruktureinrichtung, wie z. B. einer Mautstraße oder einem Pipeline-Netz. Dies geschieht im Rahmen von Privatisierungen, Verkäufen von privat gehaltenen Unternehmen oder durch die Errichtung und den daran anschließenden Betrieb. Bei einer ÖPP befinden sich üblicherweise die in der Infrastruktur gebundenen Vermögenswerte nicht mehr im Staatseigentum, sondern im Eigentum nichtstaatlicher Investoren. Je nach individuellem Konstrukt erbringt der Staat weiterhin die infrastrukturelle Dienstleistung oder tritt diese – zeitweise oder für immer – an nichtstaatliche Investoren ab.

Die ökonomische Infrastruktur charakterisiert sich dadurch, dass der Empfänger bereit ist, für die neu geschaffenen Dienstleistungen zu bezahlen. Die Leistung wird der Allgemeinheit typischerweise gegen Entgelt zur Verfügung gestellt.

Die soziale Infrastruktur besteht aus Leistungen und Einrichtungen mit starken positiven externen Effekten, die als freie oder subventionierte Güter der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden.

Charakteristische Merkmale von Infrastrukturinvestitionen

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Als Investor ist es schwer, direkten Zugriff zu Investitionsobjekten zu bekommen, da die Eintrittsbarrieren hoch sind. Es entsteht ein hoher Kapitalbedarf, bevor die Investitionen Cash Flows abwerfen. Infrastrukturinvestoren operieren zudem in einem hoch regulierten Umfeld, dies erfordert fachspezifische Expertise der Manager. Der hohe Platzbedarf ist eine weitere Eintrittsbarriere, da dieser besonders in urbanen Räumen oft knapp ist. Im Infrastrukturbereich stehen nicht marktmäßige Entscheidungsmechanismen auf der Tagesordnung, da häufig ein monopolistisches oder oligopolistisches Marktumfeld vorliegt. Der Verbraucher hat häufig keinen Einfluss auf die Preisbildung, da keine Ersatzgüter zur Verfügung stehen. Infrastrukturanlagen stellen eine unverzichtbare Basisleistung für eine Gesellschaft dar. Besonders interessant scheinen Infrastrukturinvestitionen aufgrund der Performance-Merkmale zu sein. Bei relativ geringem Portfoliorisiko (gemessen an der Volatilität) kann mit einer Investition ein langfristiger, regelmäßiger und gut kalkulierbarer Cash Flow erwirtschaftet werden. Die Erträge stellen sich als gut kalkulierbar dar, da häufig sehr lange Konzessionen mit sehr solventen Schuldnern (Mietern), häufig dem Staat, geschlossen werden. Diese Konzessionen sind häufig von 25 bis 99 Jahren vereinbart. Es wird zudem eine geringe und unelastische Nachfrage nach den Leistungen unterstellt, da die Verbraucher auf die Einrichtungen angewiesen sind. Daher spielen auch Konjunkturzyklen nur eine untergeordnete Rolle bei einer Investitionsentscheidung. Infrastrukturinvestitionen korrelieren nur in geringem Maße zu anderen Anlageklassen und weisen eine geringere Volatilität auf. Problematisch ist bei einer Investition in die Infrastruktur, dass diese nur einer interessanten Rendite­erwartung gerecht wird, wenn ein hoher Fremdkapitalanteil in die Finanzierung eingebracht wird.

Forschungsinfrastruktur

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Als Forschungsinfrastrukturen werden diejenigen Einrichtungen, Ressourcen und Dienstleistungen verstanden, die speziell für wissenschaftliche Zwecke errichtet, mittel- oder langfristig bereitgestellt werden und für deren sachgerechte Errichtung, Betrieb und Nutzung spezifische Kompetenzen erforderlich sind.

Literatur

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  • Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Öffentliche Infrastruktur in Deutschland: Probleme und Reformbedarf. Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats, Stand: Juni 2020 (PDF; 1.9 MB)
  • Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.): Infrastruktur und Daseinsvorsorge in der Fläche. Informationen zur Raumentwicklung 1/2, 2008, ISSN 0303-2493.
  • Stefan Brem, Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport: Kritische Infrastrukturen und ihre Verwundbarkeiten. Vortrag im Rahmen der öffentlichen Vortragsreihe „Komplexe Technische Systeme“, ETH Zürich, 13. Juni 2007 (PDF, 26 S., 1.575 kB).
  • Reimut Jochimsen: Theorie der Infrastruktur. Grundlagen der marktwirtschaftlichen Entwicklung. Tübingen 1966.
  • Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.)(2009): Die Zukunft der städtischen Infrastrukturen. Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften, 47. Jg. (2008) II.
  • Dirk van Laak: Der Begriff „Infrastruktur“ und was er vor seiner Erfindung besagte. In: Archiv für Begriffsgeschichte. Nr. 41 (1999), S. 280–299.
  • Thomas Kluge, Jens Libbe (Hrsg.): Transformation netzgebundener Infrastruktur. Strategien für Kommunen am Beispiel Wasser. Berlin 2006 ([Difu-Beiträge] zur Stadtforschung, Bd. 45).
  • Jens Libbe, Hadia Köhler und Klaus J. Beckmann: Infrastruktur und Stadtentwicklung. Technische und soziale Infrastrukturen – Herausforderungen und Handlungsoptionen für Infrastruktur- und Stadtplanung. Herausgegeben vom Deutschen Institut für Urbanistik und der Wüstenrot-Stiftung, Berlin 2010.
  • Christian Koenig, Jürgen Kühling, Christian Theobald (Hrsg.): Recht der Infrastrukturförderung. Sellier, München/Heidelberg 2004.
  • Georg Hermes: Staatliche Infrastrukturverantwortung.
  • Manfred Heid: Infrastrukturinvestitionen – Profil einer neuen Anlageklasse in Theorie und Praxis. Peter-Lang-Verlag, Europäische Hochschulschriften – Reihe V 3342, 2009.
  • J. Schäufele: Artikel zum Begriff Infrastruktur 1996 (m. Tabelle der Infrastrukturbereiche am Beispiel der VR China)
  • Walter Buhr: What is infrastructure? (PDF; 381 kB)
  • Hans-Jürgen Zechlin: Staatliche Infrastrukturplanung in der Marktwirtschaft. Marburger Dissertation, 1965.
  • Christopher Zeiss: Privatfinanzierung staatlicher Infrastruktur. 2000.
  • RREEF Research: Performance Characteristics of Infrastructure Investments
  • Thiago Marrara: Planungsrechtliche Konflikte in Bundesstaaten. Eine rechtsvergleichende Untersuchung am Beispiel der raumbezogenen Planung in Deutschland und Brasilien. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2009, ISBN 978-3-8300-4685-1.
  • Martin Altrock, »Subventionierende« Preisregelungen – Die Förderung erneuerbarer Energieträger durch das EEG, C. H. Beck, 2002, ISBN 3-406-49624-5.
  • Gabriele Braband, Strompreise zwischen Privatautonomie und staatlicher Kontrolle, C. H. Beck, 2003, ISBN 3-406-51207-0.
  • Wolfgang Danner, Christian Theobald (Hrsg.), Energierecht, Lose-Blatt-Kommentar, C.H. Beck
  • Jens-Peter Schneider, Christin Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft – Praxishandbuch, 4. Auflage 2013, ISBN 978-3-406-63412-3
  • Arne Glöckner, Kommunale Infrastrukturverantwortung und Konzessionsmodelle, Schriftenreihe „Energie- und Infrastrukturrecht“, Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58220-2.
  • Dirk van Laak: Alles im Fluss. Die Lebensadern unserer Gesellschaft – Geschichte und Zukunft der Infrastruktur. Fischer, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-103-97352-5.
  • Steffen Richter: Infrastruktur : Ein Schlüsselkonzept der Moderne und die deutsche Literatur 1848–1914. Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-95757-543-2.
  • Deb Chachra: How Infrastructure Works. Inside the Systems that Shape Our World. Riverhead, London 2023, ISBN 978-0-593086599.
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Wiktionary: Infrastruktur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Martin Schwind, Erich Obst: Allgemeine Staatengeographie. Walter de Gruyter, 1972, ISBN 978-3-11-001634-5 (google.de [abgerufen am 8. Dezember 2022]).
  2. Dirk van Laak: Alles im Fluss. Die Lebensadern unserer Gesellschaft. 1. Auflage. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2018, S. 15.
  3. Martin Schwind: Allgemeine Staatengeographie. In: Lehrbuch der allgemeinen Geographie. Band VIII. De Gruyter, Berlin / New York 1972, S. 303.
  4. a b Charlotte P. Lee, Kjeld Schmidt: A Bridge too Far? Critical Remarks on the Concept of Computer-Supported Cooperative Work and Information Systems. In: Volker Wulf, Volkmar Pipek, David Randall, Markus Rohde, Kjeld Schmidt, Gunnar Stevens (Hrsg.): Socio-Informatics. A Practice-based Perspective on the Design and Use of IT Artefacts. Oxford University Press, Oxford 2018, S. 178 f.
  5. Reimut Jochimsen, Knut Gastafsson: Infrastruktur, in: Jäencke-Verlag (Hrsg.): Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung. Band III, 1970, Sp. 1318 ff.
  6. Martin Schwind/Erich Obst, Allgemeine Staatengeographie, 1972, S. 303.