Lipschitz-stetige Funktion

Klasse von Funktionen
(Weitergeleitet von Lipschitz-Bedingung)

Die Lipschitzstetigkeit, auch Dehnungsbeschränktheit, ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Analysis. Es handelt sich um eine Eigenschaft einer Funktion, daher spricht man meist von lipschitzstetigen Funktionen (beziehungsweise von Lipschitz-stetigen Funktionen). Die Lipschitzstetigkeit ist eine Verschärfung der Stetigkeit. Benannt ist diese Eigenschaft nach dem Mathematiker Rudolf Lipschitz.

Für eine lipschitzstetige Funktion existiert ein Doppelkegel (weiß), dessen Ursprung entlang des Graphen bewegt werden kann, sodass der Graph stets außerhalb des Doppelkegels bleibt

Anschaulich gesprochen kann sich eine lipschitzstetige Funktion nur beschränkt schnell ändern: Alle Sekanten einer Funktion haben eine Steigung, deren Betrag nicht größer ist als die Lipschitzkonstante. Die Menge aller lipschitzstetigen Funktionen wird Lipschitz-Raum genannt.[1] Verallgemeinerungen der Lipschitzstetigkeit sind die Hölderstetigkeit, die lokale Lipschitzstetigkeit sowie die lokale Hölderstetigkeit.

Definition

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Eine Funktion   heißt lipschitzstetig, wenn eine Konstante   existiert, sodass

 

für alle   gilt.

Dies ist ein Spezialfall der folgenden, allgemeinen Definition.

Seien   und   metrische Räume. Eine Funktion   heißt lipschitzstetig, falls es eine reelle Zahl   gibt, sodass

 

erfüllt ist.   wird Lipschitzkonstante genannt und es gilt stets  . Anschaulich gesprochen ist der Betrag der Steigung von   nach oben durch   beschränkt. Ist eine Funktion lipschitzstetig, so sagt man auch, sie erfülle die Lipschitzbedingung.

Eine Abschwächung der Lipschitzstetigkeit ist die lokale Lipschitzstetigkeit. Eine Funktion   heißt lokal lipschitzstetig, wenn es um jeden Punkt in   eine Umgebung gibt, sodass die Einschränkung von   auf diese Umgebung lipschitzstetig ist. Eine Funktion, die nur auf einer Teilmenge   definiert ist, heißt lipschitz- oder lokal lipschitzstetig, wenn sie lipschitz- oder lokal lipschitzstetig bezüglich der metrischen Räume   und   ist.

Eigenschaften

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Lipschitzstetige Funktionen sind lokal lipschitzstetig (wähle ganz   als Umgebung und stets   als Lipschitzkonstante). Lokal lipschitzstetige Funktionen sind stetig (wähle   in der  - -Definition der Stetigkeit), und entsprechend sind lipschitzstetige Funktionen gleichmäßig stetig. Daher ist Lipschitzstetigkeit „stärker“ als gleichmäßige Stetigkeit. Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht, so ist z. B. die Funktion   zwar hölderstetig mit Exponenten   und daher gleichmäßig stetig, jedoch nicht lipschitzstetig (siehe Beispiel).

Nach dem Satz von Rademacher ist eine lipschitzstetige Funktion fast überall differenzierbar. Es gibt jedoch auch Funktionen, die zwar differenzierbar, aber nicht lipschitzstetig sind, z. B.  . Eine differenzierbare Funktion   mit   ist genau dann lipschitzstetig, wenn ihre erste Ableitung beschränkt ist.

Beispiele

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  • Für eine lipschitzstetige Funktion   ist der Quotient
 
mit   durch jede Lipschitzkonstante von   nach oben beschränkt. Für lokal lipschitzstetige Funktionen ist der Quotient auf hinreichend kleinen Umgebungen beschränkt.
Daher ist die Funktion   mit   wegen
 
zwar stetig und sogar gleichmäßig stetig, jedoch nicht lokal lipschitzstetig und folglich auch nicht lipschitzstetig.
  • Für die Funktion   mit   folgt mit
 ,
dass  .
Das heißt,   ist eine Lipschitzkonstante für diese Funktion auf dem Intervall  .
Weil für   der Quotient gleich   ist, folgt, dass   nur für einen beschränkten Definitionsbereich lipschitzstetig ist, für einen unbeschränkten jedoch nicht. Die ebenfalls durch   definierte Funktion   ist deshalb nicht lipschitzstetig.
  • Die Betragsfunktion  , definiert als
 ,
ist wegen der umgekehrten Dreiecksungleichung   lipschitzstetig mit  , aber sie ist (an der Stelle  ) nicht differenzierbar.

Anwendung

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Lipschitzstetigkeit ist ein wichtiges Konzept in der Theorie gewöhnlicher Differentialgleichungen, um Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen zu beweisen (siehe Satz von Picard-Lindelöf). Selbstabbildungen mit einer Lipschitzkonstante kleiner als eins nennt man Kontraktionen. Diese sind wichtig für den Fixpunktsatz von Banach.

In der Theorie partieller Differentialgleichungen werden Lipschitz-Gebiete betrachtet. Diese haben die Eigenschaft, dass ihr Rand, der Lipschitz-Rand genannt wird, lokal durch eine lipschitzstetige Funktion beschrieben werden kann.

Die Störanfälligkeit von Neuronalen Netzen (beispielsweise im Kontext von Adversarial Examples) kann durch die Größe der Lipschitzkonstante plausibilisiert werden[2].

Lipschitz-Raum

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Ist   (oder allgemeiner   ein metrischer Raum), so wird die Menge der reellwertigen lipschitzstetigen Funktionen auf   gelegentlich mit   bezeichnet.

Für   (oder allgemeiner für   mit der euklidischen Metrik) ist jede affin-lineare Funktion lipschitzstetig. Auf einem allgemeinen metrischen Raum sind immerhin alle konstanten Funktionen lipschitzstetig. Insbesondere ist   nicht leer und enthält die konstante Nullfunktion.

Sind   und  , so gilt   sowie  . Damit ist   ein reeller Vektorraum, ein Funktionenraum.

Ist die Menge   zudem noch beschränkt, so gilt außerdem für das punktweise Produkt  . Damit wird   zu einer Funktionenalgebra.

Siehe auch

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Walter Rudin: Functional Analysis. McGraw-Hill, New York 1991. ISBN 0070542368, S. 41, 420.
  2. Shayan Aziznejad, Michael Unser: Deep Spline Networks with Control of Lipschitz Regularity. In: ICASSP 2019 - 2019 IEEE International Conference on Acoustics, Speech and Signal Processing (ICASSP). IEEE, Mai 2019, doi:10.1109/icassp.2019.8682547.