Boulevardzeitung

Druckerzeugnis, dem nur eingeschränkte Seriosität zugeschrieben wird
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Eine Boulevardzeitung ist ein periodisch in hoher Auflage erscheinendes Druckerzeugnis, dem nur eingeschränkte Seriosität zugeschrieben wird. Die ersten Vertreter der Gattung waren nur auf der Straße (Boulevard) käuflich zu erhalten, nicht im Abonnement (vgl. hierzu auch Kaufzeitung). Anknüpfend an die Boulevardzeitung hat sich der Begriff Boulevardjournalismus etabliert, der heute eine eigene Gattung im Journalismus bezeichnet.

Gelegentlich wird der seit 1865 erscheinende San Francisco Examiner als erstes Skandalblatt der Zeitungsgeschichte bezeichnet.[1] Die englische Bezeichnung, abgeleitet vom typischen Papierformat, ist Tabloid Journalism.

Entstehung und Geschichte

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Am 22. Oktober 1904 erschien mit der B.Z. am Mittag die erste Boulevardzeitung im Straßenverkauf für den deutschen Zeitungsmarkt. B.Z. steht für Berliner Zeitung. Die erste Ausgabe der Illustrierten Kronen Zeitung, der auflagenstärksten Zeitung in Österreich, erschien 1901; damals setzte die Zeitung auf Romane und Spiele zur Kundenbindung. Eine Boulevardzeitung in der Weimarer Republik in den 1920er und 1930er Jahren war die Berliner Zeitung Tempo, die bis zu dreimal täglich erschien. In Österreich boomten in den frühen 1920er Jahren neue populäre Tageszeitungen wie Die Stunde, Der Abend und Der Tag, die sich zur Kronen Zeitung durch eine breite politische Berichterstattung und eine linke oder liberale Blattlinie abgrenzten.

Die erste Boulevardzeitung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg war die regionale Hamburger Morgenpost im Besitz der SPD. Ihre erste Nummer erschien am 16. September 1949. Im Jahr 1952 dann erschien zum ersten Mal die überregionale Boulevardzeitung Bild des Verlegers Axel Springer (Axel Springer Verlag). Sie schaffte es zur auflagenstärksten Tageszeitung Europas. Zahlreiche Boulevardzeitungen etablierten sich im deutschsprachigen Raum (Blick aus der Schweiz), darunter sehr viele mit regionalem Bezug (Abendzeitung aus München).

Die Entstehung des Begriffes Yellow Press ab den 1890er Jahren erklärt der Amerikanist Gert Raeithel in seiner dreibändigen Geschichte der Nordamerikanischen Kultur mit dem „Pressekrieg“ des ausklingenden 19. Jahrhunderts: In New York versuchte der Verleger James Gordon Bennett die Auflage des Herald regelmäßig durch spektakuläre Aktionen zu steigern. Zugleich gab es in der New York World des Verlegers Joseph Pulitzer die Comic-Serie [At the Circus in] Hogan’s Alley des Zeichners Richard Outcault mit einer gelb kolorierten Figur namens The Yellow Kid, die das Alltagsleben in den Einwanderervierteln Manhattans schilderte. Auch Pulitzer setzte auf Aktionen wie Weltreisen seiner Reporter und finanzierte darüber beispielsweise das Fundament der Freiheitsstatue. Als Outcault 1896 zum New York Journal des Verlegers William Randolph Hearst wechselte, wurde auch dort ein gelbfarbener Comic in den Sonntagsausgaben abgedruckt. Um 1900 druckten alle Zeitungen, die der Sensationspresse zuzurechnen waren, anfänglich gelblich colorierte Comics ab.[2]

Charakteristika und Layout

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Zeitungstypologisch werden Boulevardzeitungen (abfällig auch „Revolverblatt“) als Mischform von Informations- und Nachrichtenpresse, kommerziell orientierter Presse und politischer Meinungspresse betrachtet, die sich durch spezifische sprachliche und gestalterische Charakteristika auszeichnet.[3] Boulevardzeitungen pflegen oft sensationsorientierte Aufmachungen, große Überschriften und großflächige Fotos. Auffällige Farben und plakative Schlagzeilen werden verwendet. Oftmals wird das Titelblatt übersichtlich gestaltet. Bilder und Überschriften nehmen in den meisten Boulevardzeitungen den überwiegenden Platz ein, die Texte sind in der Regel kurz und werden oft mittels hoher Sprachökonomie verdichtet.[4] Auf Hintergrundinformationen wird häufig verzichtet.

In Boulevardzeitungen werden vor allem Themen behandelt, die geeignet sind, Emotionen zu wecken. Nachrichten mit deutlich sachbetontem Gegenstand werden personifiziert, emotionalisiert (z. B. wird eine wenig bedeutsame emotionale Komponente der Kernaussage zugeordnet) und manchmal auch skandalisiert. Besondere Beachtung im Boulevardbereich finden Polizei- und Gerichtsberichterstattung, Prominente und Sport.

Die Berichterstattung über Prominente dreht sich hauptsächlich um Liebesbeziehungen, öffentliche Skandale und persönliches Leid wie etwa Krankheiten, Unfälle oder das Altern.

In verschiedenen Ländern sind in den Boulevardzeitungen Frauen mit nacktem Oberkörper oder nackt abgebildet. So gibt es in Großbritannien das so genannte Page Three girl (deutsch: „Mädchen von Seite drei“). Die Zeitung The Sun führte das „Page three girl“ ein und ließ sich die Bezeichnung später schützen. In der deutschen Boulevardzeitung Bild wurden bis 2018 häufig nackte oder wenig bekleidete Frauen abgebildet.

Auch Berichte über Sportereignisse und Sportler haben oft den für Boulevardzeitungen typischen Stil. In Italien haben sich dabei als reine Sport-Boulevardzeitungen, die täglich in hoher Auflage erscheinen, die Zeitungen La Gazzetta dello Sport, Corriere dello Sport – Stadio und Tuttosport etabliert. In Portugal sind die zwei auflagenstärksten Tageszeitungen, A Bola und Record, ebenfalls Sport-Boulevardzeitungen.

Der Markt der Boulevardzeitungen

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Deutscher Sprachraum

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Deutschland

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Der deutsche Boulevardzeitungsmarkt setzt sich aus insgesamt acht tagesaktuellen und vier wöchentlichen (Bild am Sonntag, B.Z. am Sonntag, Hamburger Morgenpost am Sonntag (bis Juli 2020) und Sonntag Express) Boulevardzeitungen zusammen. Die meisten Titel sind in erster Linie in lokalen oder regionalen Märkten aktiv. Lediglich Bild und Bild am Sonntag vertreiben neben einer Reihe von Regionalausgaben eine Nationalausgabe mit flächendeckender Verbreitung und können somit als überregionale Zeitung gelten.[5]

Österreich

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Luxemburg

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Englischer Sprachraum

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Großbritannien

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Australien

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Frankreich

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Wochenmagazine:[8]

Andere Sprachräume

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Siehe auch

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Literatur

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  • Jürgen Alberts: Massenpresse als Ideologiefabrik. Am Beispiel „BILD“ (= Sozialwissenschaftliche Paperbacks). Athenäum, Frankfurt am Main 1972, ISBN 3-7610-5828-7 (153 Seiten, 22 cm); Taschenbuchausgabe: (= Fischer-Athenäum-Taschenbücher, 4059: Sozialwissenschaften). Athenäum-Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1972, ISBN 3-8072-4059-4 (Dissertation Universität Bremen, Fachbereich Kommunikation und Ästhetik, Studienbereich 5, 1973, 153, [10] Seiten mit Illustrationen, 19 cm).
  • Urs Jaeggi: Kapital und Arbeit in der Bundesrepublik. Elemente einer gesamtgesellschaftlichen Analyse (= Fischer 6510, Texte zur politischen Theorie und Praxis). Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1973, ISBN 3-436-01685-3 (bis zum 135. Tausend als: Macht und Herrschaft in der Bundesrepublik).
  • Bernd Jansen, Arno Klönne (Hrsg.): Imperium Springer. Macht und Manipulation. Pahl-Rugenstein, Köln 1968, DNB 457055065
  • Klaus Beck, Simon Berghofer, Leyla Dogruel, Janine Greyer: Wirtschaftsberichterstattung in der Boulevardpresse. Springer VS, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-531-18615-3.
  • Fabian Virchow: „Fordern und fördern“ – Zum Gratifikations-, Sanktions- und Gerechtigkeitsdiskurs in der BILD-Zeitung. In: Ulla Wischermann, Tanja Thomas (Hrsg.): Medien – Diversität – Ungleichheit. Zur medialen Konstruktion sozialer Differenz. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2008, doi:10.1007/978-3-531-90860-1_13
  • Hermann Meyn: Massenmedien in Deutschland. Neuauflage. UVK Verlags-Gesellschaft, Konstanz 2001, ISBN 3-89669-299-2.
  • Ekkehart Mittelberg: Wortschatz und Syntax der Bild-Zeitung (= Marburger Beiträge zur Germanistik. Band 19, ISSN 0542-6499). Elwert, Marburg 1967 (Dissertation Universität Marburg, Philosophische Fakultät, 6. Juli 1966, 324 Seiten mit Abbildungen, gr. 8).
  • Ekkehart Mittelberg: Sprache in der Boulevardpresse. Analysiert im Deutschunterricht vom 10. Schuljahr an. 4. Druck. Klett, Stuttgart 1976, ISBN 3-12-925830-2.
  • Neil Postman: Wir amüsieren uns zu Tode. Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie. S. Fischer, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-10-062407-6.
  • Dieter Prokop: Medien-Macht und Massen-Wirkung. Ein geschichtlicher Überblick (= Rombach-Wissenschaft. Reihe: Litterae. Bd. 34). Rombach, Freiburg (Breisgau) 1995, ISBN 3-7930-9115-5.
  • Johannes Raabe: Boulevardpresse. In: Günter Bentele, Hans-Bernd Brosius, Ottfried Jarren (Hrsg.): Lexikon Kommunikations- und Medienwissenschaft. VS, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-531-13535-9.
  • Annamaria Rucktäschel (Hrsg.): Sprache und Gesellschaft (= Uni-Taschenbücher 131 Linguistik). Fink, München 1987, ISBN 3-7705-0639-1.
  • Günter Wallraff: Der Aufmacher. Der Mann, der bei BILD Hans Esser war. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1977, ISBN 3-462-02663-1.
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Wiktionary: Boulevardzeitung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Was Ambrose Bierce von Shiloh sah. In: Die Zeit. 26/1999, auf: zeit.de, 24. Juni 1999.
  2. Gert Raeithel: Geschichte der Nordamerikanischen Kultur. Band 2, Vom Bürgerkrieg bis zum New Deal. 1860–1930. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995, S. 102–106.
  3. vgl. Klaus Beck, Simon Berghofer, Leyla Dogruel, Janine Greyer: Wirtschaftsberichterstattung in der Boulevardpresse. Springer VS, Wiesbaden 2012, S. 17–18.
  4. vgl. Johannes Raabe: Boulevardpresse. In: Günter Bentele, Hans-Bernd Brosius, Ottfried Jarren (Hrsg.): Lexikon Kommunikations- und Medienwissenschaft. VS, Wiesbaden 2006.
  5. Klaus Beck, Simon Berghofer, Leyla Dogruel, Janine Greyer: Wirtschaftsberichterstattung in der Boulevardpresse. Springer VS, Wiesbaden 2012, S. 20–23.
  6. „Abendzeitung Nürnberg“ wird eingestellt
  7. Das sind die besten Schweizer Medien. In: Persoenlich.com, 20. September 2016.
  8. Klatsch und Abklatsch, sueddeutsche.de
  9. Closer
  10. Voici